Im Mittelpunkt der Ausstellung Interferenzen/Interférences, die von einer ausführlichen Publikation begleitet wird, stehen die Architekturräume Frankreichs und Deutschlands und die vielfältigen Wechselbeziehungen, die sich im Verlauf zweier Jahrhunderte von der französischen Revolution bis zur Gegenwart über die Grenzen hinweg entwickelten.

Wie in der Physik, wo die in einem benachbarten elektromagnetischen Feld auftretenden Störungen Interferenzen auslösen, bedingen sich die parallelen Geschichtsabläufe gegenseitig: Theorien, Ideologien und Formensprachen zirkulieren in beiden Richtungen über die Grenzen hinweg, während Debatten über die Monumentalität oder die Anwendung neuester Techniken aufeinander folgen.

Besonderes Augenmerk legt die Schau auf die wechselseitige Beeinflussung der Metropolen, wie Paris und Berlin sowie auf die Situation der Grenzregionen, deren Gestalt – wie im Fall von Straßburg, Metz, dem Rheinland und der Saar – durch Annexionen und Besetzungen nachhaltig geprägt wurde. Der Fluss der Ideen wird rekonstruiert, und es werden nicht nur Entwürfe und Visionen dokumentiert, die ihren Weg über die Grenze nahmen. Erinnert wird auch an den einige Male durch Krieg unterbrochenen Strom von Architekten und Stadtplanern, die sich als Kundschafter, Missionare und Vermittler in beiden Richtungen bewegten. Beginnend mit Friedrich Gilly und Karl Friedrich Schinkel wurden Reisen unternommen, wurde im anderen Land beobachtet und skizziert. Andere wurden im jeweils anderen Land dauerhaft aktiv – wie der aus Köln stammende Jakob Ignaz Hittorff, der 1810 nach Paris übersiedelte oder wie Finn Geipel, der in unseren Tagen gleichzeitig in Berlin und Paris lebt und arbeitet. Wieder andere – Architekten ebenso wie Intellektuelle oder Kritiker - pendelten hin und her und hinterließen ihre Spuren.

Interferenzen erinnert nicht nur an die, die mit unterschiedlichen Motiven dafür sorgten, dass die Baukulturen beider Länder aufeinandertrafen und Wechselwirkungen zustande kamen. Die Ausstellung dokumentiert auch die wechselnden Leidenschaften der Akteure zwischen Neugier, Bewunderung, Konfrontation, Rivalität, Dialog und Zusammenarbeit.

Die Ausstellung ist in neun Sektionen gegliedert. Diese haben mit Köln, Mainz, Karlsruhe, Stuttgart, Saarbrücken, Kassel, Wiesbaden, Berlin, Straßburg, Metz, Thionville, Lyon, Reims, Marseille, Paris und noch anderen Orten und Landschaften nicht nur die Geschichtsräume der beiden Länder im Blick. Beginnend mit der Französischen Revolution und ihren Umwälzungen durchlaufen sie die Architekturen des Industriezeitalters und der Moderne über zwei Jahrhunderte und münden in die Gegenwart des vereinigten Europa.

Interferenzen präsentiert Originalzeichnungen und -pläne, Dokumente und Modelle. Unter anderem werden Werke von J. W. Goethe, Eustache de Saint-Far, Friedrich Gilly, K. F. Schinkel, Friedrich Weinbrenner, Leo von Klenze, Gottfried Semper, Victor Hugo, Viollet-Le-Duc, Fernand Léger, Marcel Gromaire, Peter Behrens, Le Corbusier, Ernst Ludwig Kirchner, Walter Gropius, Albert Speer, Paul Schmitthenner, Ernst Neufert, Rudolf Schwarz, Georges Candilis, Rob Krier, Josef Paul Kleihues und Thomas Bayrle zu sehen sein. Das Schaffen bedeutender Architekten, Stadt- und Landschaftsplaner, sowie von Künstlern und Intellektuellen wird beleuchtet, die in einer von den Fieberkurven der Politik geschüttelten Epoche an den Schnittstellen der beiden Baukulturen tätig waren.

Deutsches Architekturmuseum (DAM)
Schaumainkai, 43
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Öffnungszeiten
Dienstag, Donnerstag - Sonntag
11:00 - 18:00 Uhr
Mittwoch 11:00 - 20:00 Uhr

Abbildungen

  • 1, 2 & 3 Die Ausstellung im DAM, © Uwe Dettmar
  • 4 Albert Speer, Das Deutsche Haus auf der Weltfachausstellung in Paris (1937), Nachtaufnahme mit Feuerwerk vor dem Eiffelturm, 1937
  • 5 Eckhard Schulze-Fielitz, Raumstadt, 1959, Foto: Philippe Magnon, © Collection fonds régional d’art contemporain du Centre, Orléans
  • 6 Eugène Beaudouin, Marcel Lods, Jean Prouvé, Cité de la Muette, Drancy, 1931–1935, Foto: Marcel Lods, © Académie d’architecture, Cité de l’architecture et du patrimoine, Archives d’architecture du XXe siècle, Fonds Lods, Paris