110 Skulpturen der polnischen Künstlerin Magdalena Abakanowicz (* 1930) werden erstmalig in Venedig auf der Insel San Giorgio Maggiore vom 12. April bis 2. August 2015 gezeigt.

Beck & Eggeling International Fine Art (Düsseldorf) und Sigifredo di Canossa in Zusammenarbeit mit der Fondazione Giorgio Cini präsentieren die Ausstellung Magdalena Abakanowicz. Crowd and Individual auf der Insel San Giorgio Maggiore, Venedig. Kuratiert wird die Ausstellung von Luca Massimo Barbero. Die große Installation bestehend aus 110 Figuren aus Sackleinen und gehört zu der Serie der Crowds, ein Thema das die Künstlerin im Laufe ihrer langen Karriere sehr oft aufgreift.

„Vielleicht ist die Erfahrung einer Menschenmenge, die passiv in Reih und Glied steht aber auf Befehl bereit scheint, alles zu zertrampeln, zu vernichten oder zu bewundern, wie eine kopflose Kreatur, zum Mittelpunkt meiner Recherchen geworden. Vielleicht hat mich auch meine Faszination am Ausdruck des menschlichen Körpers oder mein Verlangen herauszufinden wie wenig nötig ist, um das große Ganze auszudrücken, zu diesem Thema gezogen.” So beschreibt Magdalena Abakanowicz ihr Interesse am Motiv der Gruppe bzw. Menschenmenge, ein Thema, welches den wichtigsten Teil ihres Oeuvres ausmacht. Sie hat mehrere in der Anzahl und Art der Darstellung variierende Crowds geschaffen: stehende, laufende oder sitzende Figuren aus Textilien wie Sackleinen oder vereinzelt auch anderen Materialien. Jede Skulptur ist einzigartig. Abakanowicz schuf sie in verschiedenen Stationen ihrer künstlerischen Laufbahn.

„Ich glaube, dass der kraftvolle Ausdruck von Magdalena Abakanowiczs' Werk durch die Art entsteht, in der sie durch eine Menschenmenge oder Gruppe einen menschlichen Zustand mit einer existentiellen Bedeutung vermittelt, in der oft gesichtslose Figuren verwirrte Zuschauer sind, die sich gerade wiederfinden oder verlieren“, so der Kurator der Ausstellung Luca Massimo Barbero. „Ihre Rückkehr nach Venedig mit einer solch bedeutenden Installation nach der Präsentation ihrer Werke bei der Biennale (Studio fatturale, 1968; eine Installation mit 22 Figuren aus Sackleinen mit dem Titel Crowd I als Teil von “Identity and Alterity: a Brief History of the Human Body” im Italienischen Pavillon, 1995; Hand-like Trees auf dem Riva degli Schiavoni, 1997; und Embryology im polnischen Pavillon, 1980) kann als Huldigung einer Vorreiterin gesehen werden, die im Laufe der letzten Jahrzehnte ihre Spuren in der Szene der experimentellen Skulptur hinterlassen hat. Die Theatralität dieser Crowd wird dadurch erzeugt, dass der Betrachter auf gleicher Ebene mit den Skulpturen ist und sich gedanklich unter die Figuren mischt und damit ebenso dem Gefühl von außerordentlicher und tragischer menschlicher Choreographie beiwohnt; ein Spiel zwischen zwei Seiten – Menschen und Skulpturen.”

Die Crowds von Magdalena Abakanowicz wurden bereits in zahlreichen Installationen und Zusammenstellungen weltweit ausgestellt. Die Wanderausstellung Retrospective Exhibition in den USA und Kanada (1982) wurde unter anderem im Metropolitan Museum of Art, New York, dem Museum of Contemporary Art, Chicago, dem Museum of Fine Arts, Dallas und dem Musée d'Art Contemporain, Montréal gezeigt. 1991 wurde die große Retrospektive ebenfalls in Japan im Sezon Museum of Art, Tokyo, und dem Museum of Contemporary Art, Hiroshima, präsentiert. Auch im Städel Museum in Frankfurt (1989) war Abakanowicz mit einer Einzelausstellung vertreten und ebenso die Ausstellung Hurma in der Chapelle Saint-Louis de la Salpêtrière in Paris gehört zu den Hightlights ihrer Karriere.

Viele ihrer Arbeiten sind als ständige Installation im öffentlichen Raum aufgestellt wie zum Beispiel dem Raymond Nasher Sculpture Garden in Dallas, dem Millennium Park in Chicago und Poznan, oder in bedeutenden privaten Sammlungen vertreten, wie der Sammlung Margulies in Miami und der Giuliano Gori Sammlung in Pistoia, Italien.

Magdalena Abakanowicz (Falenty, 1930) wurde in eine aristokratische Familie polnischrussischer Abstammung in Polen geboren. Der Krieg brach aus als sie neun Jahre alt war und sie erlebte die durch die Russen aufgezwungene Revolution und 45 Jahre sowjetischer Herrschaft. Polen war ein politisch unbeständiges Pflaster in dem die Unbeständigkeit die einzige Konstante war. Doch Magdalena Abakanowicz lernte dem zu entfliehen, machte das Beste aus den Umständen, nutzte was verfügbar war und schuf unter anderem riesige Werke in ihrem winzigen Atelier. Ihre Kunst hat stets die Thematik von Würde und Mut aufgegriffen. Sie startete mit weichen, biegsamen Objekten die aber rau anzufassen waren. Abakanowicz veränderte die Bedeutung von Skulptur, vom betrachtenden Objekt hin zum erlebenden Raum. Von Natur aus schüchtern, hat sie doch durch ihren einsamen Schaffungsprozess über mehr als hundert eigene Ausstellungen und Kontakte zu vielen Menschen geknüpft. Abakanowicz schafft mehrdeutige Werke mit vielen Bedeutungen. Manche sind verdeckt, während andere sich leichter offenbaren. Sie sind, was jeder Betrachter für sich selbst entdecken muss.