Er konnte sich kaum erinnern, wie lange er schon hier vor ort war, doch irgendwie schien es jetzt genug. obwohl so schlecht es nun auch nicht, war... aber irgendwie. Zumindest nachdem er sich beim rumlaufen noch einmal umgesehen hatte. neuerdings schienen alle autos nur noch schwarz lackiert, selbst die scheiben. eigentlich nicht schlecht. Aber zuerst einmal schlafen oder was lesen. ein paar accounts off schalten und morgen weitersehen.

Eine fast 28 m lange Kette aus transparenten Kristallglas-Perlen liegt auf dem Boden des Ausstellungsraumes der Galerie. Sie liegt mit einem geringen Abstand zu den Wänden und markiert den Umfang der Ausstellungsfläche. Besucher, die hier eintreten, überschreiten die von der Kette markierte Grenze und befinden sich innerhalb der 55 qm großen Fläche, die das Zentrum der Galerie bildet. Der gesamte Ausstellungsraum der Galerie wurde 2013 neugestaltet, die 2-etagige Struktur des ehemaligen Ladengeschäfts wurde durch einen 5,30 m hohen „white cube" ersetzt.

Die Geste der Flächenmarkierung wie die Wahl des Materials fokussieren diesen neugeschaffenen „real estate“. Sie stellen die Galerie zu allererst als einen Ort aus, an dem nicht nur Werte ge- und verhandelt werden, sondern die selbst ein Wert ist. Die Kette markiert und repräsentiert nicht nur diesen Wert, sie umfasst auch ganz konkret die Bodenfläche und ist als ausgestellte Arbeit eine Behauptung von Wert.

Die Installation mit dem Titel „Der 673. Morgen“ wird begleitet von einer gleichnamigen Publikation: Einer Zeitung, die „Das Märchen der 672. Nacht“ von Hugo von Hofmannsthal von 1895 inszeniert. Hofmannsthals Text beginnt in vertraut märchenhaftem Ton und erzählt von einem jungen, wohlhabenden Kaufmannssohn, der in einer ästhetisch perfektionierten Welt eine von Reichtum geschützte Innerlichkeit kultiviert. Recht schnell verwandelt sich die Erzählung in einen Text von Sehnsüchten, Wünschen und Ängsten, der zunehmend eher einem Albtraum denn einem Märchen gleicht.

Verschränkt wird der Text in der Publikation mit einem Vorsatz und einem mehrteiligen visuellen „Essay“. Er wurde aus Anzeigen komponiert, mit denen gegenwärtig Firmen bei eben jener Schicht, die der junge Kaufmannssohn in Hofmannsthals Märchen repräsentiert, für Investitionen, Konsumgüter und vor allem für ein zeitgenössisches „Wealth Management“ werben. Reichtum erscheint in diesen Anzeigen als ein Vermögen, dessen sozialer und gesellschaftlicher Charakter vollkommen „naturalisiert“ ist – das Vermögen ist ein Wesen, dem der Besitzer gegenüber eher emotional und moralisch verpflichtet erscheint, denn wirtschaftlich oder politisch aktiv. Bilder und Text wirken wie wechselseitige Echos, die einander perspektivieren und aktivieren. In der Mittelachse der Anzeigenbilder liegt die Zeichnung einer Kette mit Ausstanzungen, deren Kugelmaße den Kugeln der Kristallglas-Kette im Galerieraum entspricht.