Mehr als eine Verschwisterung des Werks bedeutender Persönlichkeiten bietet unsere Ausstellung die Paarung zweier kreativer Statements zwischen Kunst und Design, deren Ursprünge aus verschiedenen, weit auseinander liegenden Welten stammen. Ein roter Faden verknüpft allerdings unsere Protagonisten: das programmatische Werk von minimalistisch angelegtem Charakter, seine unbestechliche Reinheit und Geradlinigkeit, die bewusste Verbindung von Historie und Moderne, die unleugbare Meisterschaft. All dies steckt in einer Geste, einer subtilen Bewegung – in Gestalt einer Falte oder in Form einer Biegung, einer Kurvung – im Textil, im Silber oder Gold.

Issey Miyake, geb. 1938 in Hiroshima (Japan), hat die Traditionen seiner Kultur in ein Instrument verwandelt, um den Körper und seine Präsenz in eine neue Dimension zu erheben. In der Mode spricht Miyake von Kunst, indem er sich ihr assoziiert. Er gehört zu den ersten Fashion Designern, der die Titelseite des amerikanischen Magazins „Artforum“ eroberte. Der Körper selbst im Miyake Gewand verschmilzt mit der Idee und gerät zur schillernden Figur. Der Stylist arbeitet an Materie, Struktur und Farbe, um seiner Vision Ausdruck und dem Gehäuse der Träger/Innen, der Bekleidung, vitale Elastizität zu verleihen. Eine Elastizität, die dem Schnitt und dem Stoff selbst entspringt, aber vor allem der Kunst der Faltung, welche zur Gestaltung, zur planimetrischen Definition der Silhouette entscheidend beiträgt. Licht und Luft sind dabei die Partner in diesem quasi bildhauerischen Prozess. Die ästhetische Botschaft des Japaners hat sich später auch im Interior Design und im Assecoire Bereich vertieft und entfaltet, häufig in Kooperation mit herausragenden Entwerfern wie Ron Arad e Tokujin Yoshioka. Als Pionier für ein Verständnis von Mode als kulturellem Faktor genießt Miyake den Ruf des perfekten Promoters von “East meets West”, der dies darüber hinaus im musealen Zusammenhang manifestierte. Dem Werk von Issey Miyake steht das Werk von Ulla + Martin Kaufmann gegenüber, beide geb. 1941 in Hildesheim, vielfach prämierte und ausgezeichnete Gold- und Silberschmiede und praktisch fast gleichaltrig mit dem japanischen Meister.

Die Arbeit der Kaufmanns kreist um einige zentrale Überlegungen, welche den Schmuck und die Silberobjekte durchwirkt: die maximale Konzentration und den höchsten Anspruch in einer perfekten und vollkommenen Form einzufangen und auszudrücken, die absolute Schönheit mit zeitgenössischen Mitteln zu manifestieren, Tradition und Gegenwart zu vereinen. Gold oder Silber, Schmuck oder Gefäß, die Antwort repräsentiert leidenschaftliche „Einfachheit“ als Prinzip, als Programm. Die Kaufmanns laden dazu ein, alltägliche Dinge neu zu lesen, ihre „Spiritualität“ zu leben, ihre Potenz und ihre Ästhetik voll auszuschöpfen. All dies verbirgt sich in einem elastischen Band, das uns umwickelt, als Schmuck, oder sich in einem Gefäßkörper artikuliert, um letztlich das Essentielle, den Kern einer Sache zu visualisieren, unter Ausschluss jeglicher Geschwätzigkeit, jeglichen überflüssigen Ornaments. Die Kunst der Kaufmanns bedeutet kalkulierte Einfachheit, verführerisches „Understatement“ – zwischen Kunst und Design, zwischen Funktionalität und funktionsloser Schönheit.

Die Verknüpfung Miyake – Kaufmann signalisiert jenes + der Kunst, das unsere Protagonisten vereint, trotz Distanz und kultureller Differenz. Ihre Perfektion, ihr materieller Einsatz von Licht, Körper und Bewegung erlaubt uns die gemeinsame Präsentation in Mantua.

Text von Michele Venturelli

Mi piego ma non mi spezzo – Ich biege mich aber ich breche nicht
Issey Miyake – Ulla + Martin Kaufmann
Kuratiert von Ellen Maurer Zilioli und Michele Venturini
3. – 18. Februar 2013
Eine Ausstellung im Rahmen des Vortragszyklus “Storia del Costume” FAI (Fondo Ambiente Italiano)
Spazio Bernardelli
27, Corso Umberto I
Mantua (MN) Italy
Öffnungszeiten:
Mi – So 15.30 – 19.00

Vorträge des FAI

Brigitte Bardot, kuratiert von Riccardo Vannetti: 20/01/2013, 16:00
Issey Miyake, kuratiert von Michele Venturini: 03/02/2013, 16:00
Burberry, kuratiert von Michele Venturini: 17/02/2013, 16:00
Sala Convegni dell’Associazione Industriali
Via Portazzolo 9, Mantua (MN) Italien

Ellen Maurer Zilioli: info@maurer-zilioli.com
Michele Venturini: michelev72@gmail.com

Ausstellungsarchitektur: Stefano Gozzoli, Spazio Bernardelli, Mantua (MN) Italien