Als Folge des letzten Beitrags wollte ich in diesem Artikel über die ersten Exiljahre Kaiser Wilhelm II einen Einblick geben. Durch viel Austauschinformationen, vor allem mit Geschichtsfreunden, Kollegen und Kulturfanatikern, aber auch durch weitere Recherchen, bin ich auf das Ergebnis gekommen, dass das Ende des Ersten Weltkrieges nicht nur die Zerstörung des Reichs war, sondern die von Seiten der Ententen absichtliche Vernichtung der kaiserlichen Familie. Sie forderten zur Eröffnung des Friedensgespräches die Abdankung des Kaisers.

Als die, durch den Kieler Matrosenaufstand verursachte, Novemberrevolution 1918 ausbrach, hatten sich Wilhelms II Befürchtungen bewahrheitet. Denn er wurde vor den unterschiedlichen Szenarien gewarnt, dass die radikalen Revolutionäre die Ausrufung der Republik vorbereiteten. Wilhelm II hatte ganz wenig Zeit um die richtige Entscheidung zu treffen.

Zum Ende des Monats Oktober hatte die Revolution schon Berlin erreicht. Das Militär, die Oberste Heeresleitung, konnte gegen die Aufständischen zu diesem Zeitpunkt nicht vorgehen. Verschiedene Berater und Politiker empfahlen ihm abzudanken, aber vor allem sich zuerst in Sicherheit bringen zu lassen. Denn die Zeit war sehr knapp und egal wo er hin fahren sollte, wäre nicht ausgeschlossen, dass der Zug von Anarchisten überfallen werden würde, um einen Anschlag zu verüben.

Am 29. Oktober reiste der Kaiser von Berlin nach Spa im besetzten Belgien, nicht so weit von der Front, wo sich auch das Hauptquartier der Obersten Heeresleitung befand. Dort fanden wichtige Besprechungen statt und er wurde über seine politische Situation und Machtalternativen zur entstandenen Krise informiert. Viele Versionen gibt es um die endgültige Verhandlung zwischen dem Kaiser und dem Militär im Hotel Britannique; eine der Optionen wäre gewesen, dass der Kaiser sich an die Spitze der Front gegen die Revolutionäre zugunsten seiner Dynastie und der Monarchie begebe, damit müsse man mit dem Tod des Kaisers rechnen, aber eine solch Geste könne die Meinung in der Bevölkerung ändern bzw. den Aufstand entmachten. Diese Vorstellung hatten die jüngeren Offiziere, die wenig politische Erfahrung hatten, die sich in Wirklichkeit die Fortsetzung der Monarchie wünschten. Letztendlich entschied sich Wilhelm II für das Asylangebot von Königin Wilhelmina aus Holland. Da am gleichen Tag schon in Berlin die Republik ausgerufen wurde, unterschrieb er seine Abdankung in Spa, es ist nicht klar ob es im Hauptquartier des Militärs oder woanders war, und am nächsten Tag fuhr er mit dem Hofzug, seinem privaten Dienstzug, nach Amerongen, wo er seine ersten zwei Jahre Exil verbrachte.

Seine Kriegspolitik, die falsche Entscheidungen während des Krieges, und die damit entsprechende Niederlage, stürzte die Familie Kaiser Wilhelms II ins Unglück. Im Juni 1920 musste er über den Tod seines Sohnes Joachim erfahren. Prinz Joachim beging nach einer Feier mit seinem Revolver Selbstmord und wurde in seiner Residenz bei Potsdam schwerverletzt aufgefunden. Stunden später konnten die Ärzte nur seinen Tod bestätigen. Der Verlust bedeutete für den Kaiser und seine Frau Prinzessin Auguste Viktoria, noch im Exil der entfernten Niederlande, eine weitere Dimension deren Depressionszustands. Der Verzicht auf den Thron belastete nicht nur das Land, sondern auch die kaiserliche Familie. Deshalb scheint der Grund des Suizids des jungen Prinzen auch ein emotionaler Tiefpunkt gewesen zu sein.

Für Wilhelm und Auguste Viktoria kam der Umzug als Ablenkung; im gleichen Jahr wurde das ein Jahr zuvor erworbene kleine Schloss, im Doorn in der Provinz Utrecht, fertig errichtet. Ein Teil des Familienbesitzes kam nach Doorn in Güterwaggons und somit auch Erinnerungen an die alten Zeiten der zerstörten Monarchie. Ein paar Monate später starb Auguste Viktoria, ihre Erkrankung wurde nicht bekannt gegeben. Der Kaiser schrieb in seinen Berichten; der Sturz des Kaisertums sei ein Debakel für sie gewesen und sie sei innerhalb kurzer Zeit rapide gealtert. Sie wurde im westlichen Teil des Parks Sanssouci (Potsdam) begraben. Bei der Trauerfeier durfte Kaiser Wilhelm II nicht teilnehmen.

Bis 1941 lebte der Kaiser noch. Als der Zweite Weltkrieg begann, fürchtete er um seine Umgebung, denn Königin Wilhelmina, die ihm Asyl gewährte, vermied den Kontakt mit ihm aufgrund des expansionistischen Vorhabens der Wehrmacht und seiner möglichen Verhaftung. Trotzdem blieb er noch in Doorn bis er starb. Seine sterbliche Überreste mögen nach Deutschland überführt werden, wenn das Kaisertum dort wieder errichtet wird, so sein Testament.