„Er machte aus seinem Schaffen ein postmodernistisches Clearinghaus, in dem vertraute Stile, Karrieren und Ideen neu bewertet, auseinandergenommen, abgelehnt oder anders kombiniert werden konnten. Seine Malerei machte er zu einer Datenbank für Kunst und Ideen, die er mochte oder auch verachtete: den Sozialistischen Realismus, Picasso, Picabia, die Nazi-Propaganda, Punk, Pop, Joseph Beuys, Sigmar Polke und die Konsumkultur, aber auch Begriffe wie Fortschritt, Originalität, Stimmigkeit, Erfolg und Misserfolg.“ - The New York Times (27. Februar 2009), Holland Cotter

Cahiers d'Art freut sich, in ihrer Pariser Galerie in der 15 rue du Dragon, F-75006 Paris, die erste Einzelausstellung mit Werken Martin Kippenbergers auf französischem Boden zeigen zu können. Die zehn Werke umfassende Ausstellung bietet Cahiers d'Art die Gelegenheit zur Fortsetzung ihrer Ausstellungstradition mit Werken großer Meister und bedeutender Künstler des 20. Jahrhunderts, wobei dem offensichtlichen Einfluss Pablo Picassos auf das künstlerische Wirken Kippenbergers besonderes Augenmerk geschenkt wird, als Verbindung zwischen Gestern und Heute in der Geschichte der Cahiers d'Art.

Trotz seines kurzen Lebens hat Kippenberger ein reichhaltiges und äußerst vielfältiges OEuvre hinterlassen; er wird oft als Neo-Dadaist bezeichnet aufgrund der schwungvoll-heftigen Respektlosigkeit, die aus seinen Werken spricht, als Reaktion auf Kunstgeschichte und Gesellschaft. Die hier gezeigten Kunstwerke illustrieren exemplarisch die immer wiederkehrenden Hauptthemen, die der Künstler in seinem Schaffen behandelte und die auch sein eigenes Leben durchzogen.

Dazu gehört auch Kippenbergers Faszination für Picasso, dessen Arbeiten, aber auch die Person, im Mittelpunkt einer Gemäldereihe aus seinen beiden letzten Lebensjahrzehnten stehen. So etwa Elite '88 (Kalender im Siebdruck-Verfahren auf Canson Mi-Teintes-Papier), das ein Selbstbildnis Kippenbergers als Picasso in Unterhose zeigt, eine ikonische Referenz an die Fotografien David Douglas Duncans. Mit der Kunstform des Selbstporträts hinterfragte und kommentierte der Künstler neben vielen anderen Formen die Gesellschaft sowie seine eigene Rolle als Künstler. Fred The Frog Rings The Bell stellt einen gekreuzigten Frosch dar, Alter Ego Kippenbergers. Der Künstler porträtiert sich selbst in aufgewühltem, verstörtem Gemütszustand, zwischen Selbstmitleid und Verzweiflung; zugleich bedeutet das Werk die Verurteilung einer zutiefst heuchlerischen Gesellschaft. Kippenberger führt mit Kippen Seltzer, der Holzskulptur einer völlig überdimensionierten Brausetablette, die er wortspielend mit seinem eigenen „Marken-Namen“ versah, Banal-Alltägliches ad absurdum. Dieser Blick auf das Wesentliche wird in Das Ende des Alphabets noch forciert; nach außen hin scheint es sich zwar um die konkrete Darstellung der drei letzten Buchstaben des Alphabetes zu handeln, aber das Werk kann auf unterschiedliche Weise wahrgenommen werden, auf konzeptueller Ebene oder als Innenschau. Mit den verschiedenen, von Kippenberger in den beiden letzten Jahrzehnten seines Lebens gestalteten Multiples spricht der Künstler die Grenzen der Einzigartigkeit und Originalität des Kunstgegenstandes an sowie die „allgemeine Möglichkeit bzw. Unmöglichkeit für einen Künstler oder eine Künstlerin, etwas aus dem Nichts zu schaffen, Neues zu erzeugen. Reproduktion, Vervielfältigung, Kopie bilden genauso wie die Titelgebung den Kontext, um ein Werk erst entstehen zu lassen.“ (Martin Prinzhorn – Auflage: unlimitiert)

Martin Kippenberger

Der 1953 in Dortmund geborene Martin Kippenberger gilt weltweit als einer der begabtesten Künstler seiner Generation. Trotz seines allzu frühen Todes 1997 ist sein Ruf als einer der einflussreichsten Künstler des 20. Jahrhunderts international stetig gewachsen. Er absolvierte ein Kunststudium an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg; anschließend lebte er in Berlin, Florenz, Spanien, New York und Rio de Janeiro. Sein großartiges und faszinierendes Werk, das von provozierenden Themen und unerschrockener Gesellschaftskritik geprägt ist, bedient sich sehr unterschiedlicher Kunstformen wie etwa der Malerei, der Bildhauerei, der Fotografie, aber auch Druck-Werke jeglicher Art gehören dazu. Kippenbergers Werke befinden sich in zahlreichen öffentlichen Sammlungen bedeutender Kunstmuseen wie etwa der Tate Modern, des MaMCO Genf, des Pariser Centre Pompidou, des MoMA sowie des Museums Ludwig in Köln. Einzelausstellungen seiner Werke waren in folgenden Kunstmuseen zu sehen: dem MoMA New York, dem Museo Picasso Málaga, dem deutschen Pavillon auf der Biennale Venedig 2003, dem MOCA Los Angeles, der Tate Modern in London, den Kunsthallen Basel und Zürich, der Akademie der Bildenden Künste Berlin sowie dem Centre Georges Pompidou in Paris.