Wie der Titel andeutet, bildet der Ort der Ausstellung auch ihren thematischen Kern: ST. Agnes ist Inspirationsquelle und zugleich Schauraum. Die Ausstellung in drei Teilen zeigt Eindrücke der Architektur, ihrer Geschichte und Umwidmung zu einem neuen Zweck, sowie Reaktionen auf sie durch das Prisma wechselnder Arbeiten von älteren, zeitgenössischen und noch jungen Künstlern. Eine Arbeit bleibt dabei als Konstante in allen drei „Kapiteln“, die im Lauf von drei Monaten zu sehen sind, vor Ort: Franz Erhard Walthers Drei Standstellen. Sechs Richtungen (1977), die den Grundrhythmus der Ausstellung vorgibt, während der Galerieraum für jede Schau neu konfiguriert wird.

Atelier van Lieshout, Mathieu Bonardet, Navid Nuur, Pieter Vermeersch, Franz Erhard Walther, Christoph Weber.

ST. Agnes ist ein Musterbeispiel brutalistischer Architektur. Brutalismus war nicht nur ein Stil oder eine Mode, sondern eine Geisteshaltung, gar eine Philosophie, der sich die Einfachheit des Gebäudes, seine Ausstrahlung materieller und moralischer Strenge und Kargheit, verdankt. Demselben Gedanken der Reduktion sind die hier gezeigten Arbeiten verpflichtet. Indem sie das Augenmerk auf ein einziges Material (so bei Christoph Weber) oder das einfache und doch komplexe Verhältnis zwischen Körper, Raum und Materie (so bei Mathieu Bonardet) legen, lassen sie uns eine Konzentration auf das Wesentliche erahnen. Der sparsame Einsatz der Mittel spiegelt sich auch in den Ideen, die Atelier van Lieshout in der Serie Slave City umsetzen, wobei sie ähnliche Prinzipien in eine gesellschaftliche Perspektive übersetzen.

Ebenfalls kennzeichnend für den Brutalismus war die Macht des neutralen Raums: Das architektonische Ideal war ein Gebäude als rationelles Behältnis, dessen Potenzial die in ihm stattfindenden menschlichen Tätigkeiten aktivieren und erfüllen sollten. Am kraftvollsten und wirksamsten erscheinen diese Ideen in den interaktiven skulpturalen Arbeiten Franz Erhard Walthers, die zugleich statische Elemente und aktivierte Performances bilden. Mit Blick auf das Ziel des neutralisierten Raums spielte die Entfernung alles bloß Schmückenden eine wichtige Rolle bei der Ausgestaltung dieser Strukturen; hier entfaltet die Ausstellung einen interessanten Diskurs, in dem es darum geht, ob eine Textur oder ein Muster einer Notwendigkeit entspringt oder dekorativ ist, und darum, welche Rolle wir selbst bei der Bestimmung dieser Unterscheidung spielen (so bei Navid Nuur und Pieter Vermeersch).

Die Ausstellung entstand in Zusammenarbeit mit r/e projects.