Nach “Herr Ober, zwei Doppelte” im Jahr 2014 zeigt Meuser in seiner sechsten Einzelausstellung in der Galerie Nordenhake, mit dem folgerichtigen Titel “Kann ich mich hier auch selbst einweisen?” eine Gruppe von neuen Wandarbeiten und freistehenden Skulpturen.

Meuser findet sein Arbeitsmaterial seit über 40 Jahren hauptsächlich auf dem Schrottplatz. Dabei ist die Suche nach den passenden industriellen Relikten wesentlicher Bestandteil seines Arbeitsprozesses, denn mit Meuser gesprochen: “Schrott, da gibt es ja Tonnen, da ist auch viel Müll dabei.” Die industriell produzierten, häufig wuchtigen Gegenstände aus Stahl- und Eisenschrott werden im Atelier verformt oder zusammengeschweist, oder auch nur mit einem Anstrich versehen. Ihre ursprüngliche Funktion ist für die weitere Berarbeitung uninteressant. Mit reduziertem Eingriff konstruiert der Künstler so dreidimensionale Arbeiten die zwischen Skulptur und Malerei angesiedelt sind. Die installative Inszenierung der Objekte und insbesondere die wandbezogenen Arbeiten Meusers zielen dabei eher auf eine bildhafte Erfahrung. Sichtbare Abnutzungsspuren und Kratzer im Material evozieren einen malerischen Duktus. Dieser Effekt wird verstärkt durch den zumeist monochromen Anstrich der Fundstücke mit gewöhnlichen Industrielacken und Ölfarben. Gleichzeitig haucht diese Farbschichtung den Objekten eine amorphe Lebendigkeit und plastische Qualität ein. Sie verschafft ihnen eine Leichtigkeit, die mit der vordergründigen Schwere des Materials in Spannung steht.

In ihrer schlichten Formensprache nähern sich Meusers eher geometrische Arbeiten einer konstruktivistischen Klarheit und erinnern damit und in der Materialverwendung an Strategien der Minimal Art. Mit der Werkgruppe “Knautsch” erweiterte der Künstler dieses Idiom und entwickelte ab 2011 Arbeiten, die – den onomatopoetischen Titel aufgreifend – verbogen, gequetscht, eben “geknautscht” erscheinen. Als Beuys- Student an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf hat sich sein abstrakt-konstruktivistisches Formenvokabular insbesondere im Umfeld der Arbeit von Künstlerkollegen wie Blinky Palermo und Imi Knoebel herausgebildet, die so wie Martin Kippenberger einen prägenden Einfluss auf seine Arbeit hatten. Mit seinem Freund Kippenberger teilte Meuser eine ironisch-nüchterne Arbeitshaltung und besuchte diesen manchmal auch zum “Titel kloppen”.

Letztlich überführt Meuser das Material in seiner Handhabung und Inszenierung und vor allem auch durch die skurril pointierten Titel auf ironische Weise in eine zwischen Banalität und Poesie schwankende Alltagswelt. Die witzigen bis respektlosen Titel der Arbeiten speisen sich oft aus der unverkennbar direkten und schnoddrigen Alltagsrhetorik des Ruhrgebiets, Schlagern, Sprichworten oder Witzen. In ähnlicher Weise wie der bearbeitete Schrott sind diese Titel Fundstücke, die ihres ursprünglichen Wirkungsfeldes entzogen sind und die nun innerhalb einer neuen selbstreferentiellen Bild-Text-Einheit Räume öffnen für ikonographische Zuspitzungen und verschiedenste – zuweilen anarchische – Verknüpfungen.

Meuser wurde 1947 in Essen geboren und lebt und arbeitet in Karlsruhe. Zwischen 1968 und 1976 studierte er bei Joseph Beuys und Erwin Heerich an der Staatlichen Kunstakademie in Düsseldorf. Seine Arbeit wurde in zahlreichen Einzelausstellungen gezeigt: Knautsch, Städtische Galerie, Karlsruhe (2011); Die Frau reitet und das Pferd geht zu Fuß, Kunsthalle Düsseldorf (2008); Oldenburger Kunstverein (2003); Metrostation Oberkampf, Staatliche Kunstakademie der Bildenden Künste, Karlsruhe (1996) und Kunsthalle Zürich (1991). Zu den wichtigsten Gruppenausstellungen zählen: Städtische Galerie Karlsruhe; Museum Morsbroich, Leverkusen; Museo de Arte Contemporanéo Gas Natural Fenosa, A Coruña (alle 2015); haubrokprojects fahrbereitschaft, Berlin; Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland, Bonn (beide 2013); Kunsthalle Darmstadt (2012); Temporäre Kunsthalle, Berlin (2010); Bonner Kunstverein (2007); ZKM Museum für Neue Kunst und Medien, Karlsruhe (2006, 2002); Museum am Ostwall, Dortmund (2001). 1992 nahm er an der documenta IX in Kassel teil. Seine Arbeiten sind in renommierten öffentlichen und privaten Sammlungen vertreten wie Städtisches Museum Abteiberg, Mönchengladbach; Museum Ludwig, Köln; Kunstmuseum Stuttgart; Staatsgalerie Stuttgart; ZKM / Zentrum für Kunst und Medientechnologie, Karlsruhe; Sammlung Falckenberg, Hamburg; Sammlung Grässlin, St. Georgen; The Margulies Collection, Miami; Sammlung Viehof, Mönchengladbach.