Rinus Van de Velde (geb. 1983, lebt und arbeitet in Antwerpen) ist ein führender Vertreter der zeitgenössischen Kunstszene in Belgien. Sein Werk setzt sich mit der Spannung zwischen Fiktion und Realität auseinander. Für seine erste Einzelausstellung in der König Galerie wird er eine vollständig neue ortsspezifische Installation entwickeln, in der seine großformatigen Zeichnungen auf Papier vor malerischen Hintergründen zu sehen sein werden, die auf wichtige Werke der Kunst des 20. Jahrhunderts verweisen.

In einem lockeren, dabei überaus virtuosen Stil erzählt er den zweiten Teil der Geschichte von Isaac Weiss (der erste Teil war gerade im Gemeentemuseum in Den Haag zu sehen), einem fiktiven Alter Ego des Künstlers, der einer Künstlerkolonie vorsteht. Mitglieder der Kolonie sind berühmte Künstler des 20. Jahrhunderts wie Cy Twombly, Joan Mitchell und Pablo Picasso. In der neuen Serie lässt sich verfolgen, wie das einstmals utopische Projekt der Kolonie in eine Diktatur ausartet und nach und nach zerfällt.

Über die letzten Jahre hat Van de Velde eine künstlerische Praxis entwickelt, in der vor allem monumentale narrative Kohlezeichnungen entstehen. Ergänzt werden diese jedoch durch eine Vielzahl von Arbeiten wie etwa gemalten Kartonagen mit kunsthistorischen Bezügen sowie Werken seines künstlerischen Alter Ego. Van de Veldes Werk verbindet gefundene wie auch gestellte Fotografien mit Performances ohne Zuschauer, Bühnenbildern, Erzähltechniken aus dem Kino, Installationen, Malerei, Skulptur und anderen Medien. All diese Elemente zeichnen eine durch und durch unwirkliche Welt, zeugen jedoch gleichzeitig auch von einem ganz realen Arbeitsprozess im Atelier.

In den Zeichnungen und den sie begleitenden Texten fungieren Bild und Wort als Ausgangspunkte einer fiktiven Biographie, in der Van de Velde nicht er selbst ist, sondern die verschiedenen Herangehensweisen der modernen und zeitgenössischen Kunst austestet. Dies führt zu einer Verdopplung seiner künstlerischen Persönlichkeit: Dem realen Künstler, der in seinem Atelier mit sorgfältig gewählten künstlerischen und materiellen Parametern operiert, steht ein Alter Ego gegenüber, das zwischen diversen Positionen hin- und herwechselt, ohne sich jemals mit einer von ihnen ganz zu identifizieren. Eine ähnliche Spannung lässt sich zwischen dem Arbeitsraum des Künstlers und der Welt der Zeichnungen feststellen: Auf der einen Seite ist das Atelier das Labor, in dem der Künstler die sich ihm bietenden Möglichkeiten auf die Probe stellt; auf der anderen Seite unterstreichen die fiktiven Szenen in den Zeichnungen ihren Ursprung in der experimentellen Arbeit im Atelier.