Mit ihrem einzigartigen Anspruch, Buch und Grafik als symbiotische Einheit zu erfassen, hebt sich die MAK-Bibliothek und Kunstblättersammlung deutlich von anderen Kunstbibliotheken ab. Im Sammeln, Bewahren und Erforschen wissenschaftlichen Schrifttums – aus dem Mittelalter bis zur Gegenwart – vermittelt sie drei Säulen des museologischen Fundaments. Über Publikationen zu Literatur, Kunst und Kunstgewerbe hinaus umfasst sie ebenfalls eine unter dem Begriff Vorbildersammlung angelegte Grafik- und Fotosammlung.

Die Sammlungsstrategie berücksichtigte von Beginn an auch die Rezeption des außereuropäischen Kulturraumes und förderte ein länderübergreifendes Referendarsystem, das sich in der internationalen Ausrichtung des Bestandes manifestierte. Bereits zur Gründung des Museums 1863 war man bemüht, die weltweite Zusammenarbeit von Kulturinstitutionen zu intensivieren – wie etwa durch ein Schreiben an Generalkonsulate weltweit, in dem beispielsweise um Unterstützung der Interessen des Museums und um Publikationen gebeten wurde. Diesem ist zu verdanken, dass unter anderem die ersten 50 der insgesamt 120.000 Fotografien aus dem South Kensington Museum, heute Victoria and Albert Museum, an das Museum kamen.

Die Fachbibliothek umfasst 250.000 Bände mit Druckwerken, Inkunabeln und Handschriften vom 15. Jahrhundert bis heute. Rund 400.000 Kunstblätter, darunter Ornamentstiche, ausgewählte Vorlageblätter, Handzeichnungen, Aquarelle und Pläne von KünstlerInnen und ArchitektInnen von der Renaissance bis zur Gegenwart sowie eine Plakat- und gebrauchsgrafischen Sammlung und eine Fotosammlung, bilden die Basis für wissenschaftliche Forschung.

Einer der Höhepunkte ist die 15.000 Blätter umfassende Ornamentstichsammlung. Den Grundstein legte ein Konvolut von 5.000 Blättern aus dem Besitz des Leipziger Kunsthändlers Wilhelm Drugulin, das im Jahr der Museumsgründung angekauft und unter der Inventarnummer 1/1863 verzeichnet wurde. Als Inspiration für HandwerkerInnen, ArchitektInnen, BaumeisterInnen und KunstgewerblerInnen fanden die Stichvorlagen, unter anderem von Albrecht Dürer, Frans Huys oder Cornelis Floris, rasch probate Anwendung im erweiterten Kreis der angewandten KünstlerInnen – ein Umstand, der die Bedeutung dieses Bestandes für die Anliegen des MAK unterstreicht.

Bereits 1866 kam der Nachlass der Wiener Porzellanmanufaktur, einer der wertvollsten Bestände der Sammlung, ans Haus. Dem MAK gelang es nach zähen Verhandlungen neben ausgeführten Objekten auch, die gesamte Bibliothek (200 Werke in 355 Bänden) und die aus 5.700 Blättern bestehende Mustersammlung sowie die Bestellbücher der weltberühmten Manufaktur zu erwerben.

Einer der bis heute sensationellsten Ankäufe gelang anlässlich der Wiener Weltausstellung 1873. Mit den 60 Blättern des indo-persischen Heldenromans Hamzanama aus der Zeit Akbars des Großen, geschrieben und illustriert zwischen 1557 und 1577, verwahrt die MAK-Bibliothek und Kunstblättersammlung den größten in einem Museum vorhandenen Bestand dieses wertvollen Epos.

Eine Vorreiterrolle nimmt die MAK-Kunstblättersammlung im Bereich der Künstlerplakate ein, die mit mehr als 17.500 bedeutenden nationalen und internationalen Beispielen, darunter ein Konvolut mit französischen Plakaten von Jules Chéret bis Henri Toulouse-Lautrec, Secessions- und Hagenbundplakate sowie Werke russischer Konstruktivisten, durch internationale Künstlerplakate, vor allem durch zeitgenössische Exponate aus dem deutschsprachigen Raum, laufend ergänzt wird.

Zu den bedeutendsten Beständen zählen außerdem Künstler- und Firmennachlässe, allen voran die 17.000 Entwurfzeichnungen aus dem Archiv der Wiener Werkstätte, das zeichnerische Archiv der Danhauser’schen Möbelfabrik sowie die Musterzeichnungen der Lusterfirma Bakalowits und der Glasmanufaktur J. & L. Lobmeyr. Die in den letzten Jahren erworbenen Nachlässe und Schenkungen des Architekten Carlo Scarpa oder der Gebrauchsgrafiker Joseph Binder, Ernst Deutsch-Dryden und Stefan Sagmeister schlagen die Brücke zur Gegenwart.

Von internationaler Bedeutung ist zudem die im 19. Jahrhundert angelegte „Barockbibliothek“, die mit einer Sammlung von 2.325 illustrierten Büchern Glanzlichter der Buchkultur markiert. Darunter finden sich Zimelien wie die Schedelsche Weltchronik, Sebastian Brants Narrenschiff, das Gesamtwerk von Giovanni Battista Piranesi und bedeutende Architekturtraktate.

Die Tradition des künstlerisch gestalteten Buches wird seit der Gründung des MAK gepflegt; mit vorbildhaften Werken englischer KünstlerInnen, unter anderem von William Morris und Walter Crane, französischen Einflüssen durch Felician Freiherr von Myrbach und deren Niederschlag in buchkünstlerischen Arbeiten der Wiener Werkstätte, der Secession, des Bauhauses und des russischen Konstruktivismus weist die Sammlung bis zu wichtigen Beispielen so genannter Artists’ Books ins 21. Jahrhundert.

Hauptwerke der Wiener Moderne von Josef Hoffmann, Oskar Kokoschka, Bertold Löffler, Otto Prutscher und Franz von Zülow kamen durch den engen Kontakt mit der benachbarten Wiener Kunstgewerbeschule ans MAK. Zu den Highlights zählen Gustav Klimts in neun Teilen erhaltene, in der MAK-Schausammlung ausgestellte Entwurfszeichnungen zum Mosaikfries im Speisezimmer des von Josef Hoffmann und der Wiener Werkstätte als Gesamtkunstwerk ausgeführten Palais Stoclet in Brüssel oder die Entwürfe Koloman Mosers für die Glasfenster der Kirche am Steinhof von Otto Wagner.