Die Galerie Mario Mazzoli freut sich, die zweite Einzelausstellung von Serge Baghdassarians und Boris Baltschun anzukündigen.

Das deutsche Duo ist bekannt für seine Installationen, die es mithilfe verschiedener Medien und Techniken umsetzt. Die Vorgehensweise der beiden Künstler besteht vor allem in der Rekontextualisierung von Arbeitsutensilien und -werkzeugen, die so zu lebenden Artefakten werden. Mal geht es ihnen darum, durch eine Glorifizierung des Fehlerhaften sonst als flüchtig oder nebensächlich Wahrgenommenes zur Geltung bringen, mal werden Alltagspraktiken und herkömmliche Gerätschaften in künstlerisches Schaffen verwandelt.

Stets kommt hierbei ihr anspruchsvolles Ziel zum Vorschein: eine Reflexion anzuregen über das, was wir als banal oder nicht beachtenswert empfinden, und darüber, welch überwältigende Gestalt dies durch gezielte Manipulation annehmen kann. Derartiges verbirgt sich auch hinter der Idee zu ihrer Arbeit objet trouvé, wobei die Künstler sich hier nicht mit der alternativen Darstellung des Objekts an sich begnügen, sondern sich vielmehr mit dessen Verhaltensweisen auseinandersetzen.

Es ist die Frage nach dem inhärenten Potential eines Objekts, nach seinen Möglichkeiten im Ruhezustand – aber mehr noch während seines Gebrauchs –, die die Künstler treibt. So verwirklichen Baghdassarians und Baltschun häufig vergängliche Installationen. Mit ihnen hauchen sie ihren Objekten Leben ein und ermöglichen deren Wiederverwendung zu einem anderen als dem ursprünglich beabsichtigten Zweck. Das minimalistische und konzentrierte Design ihrer Installationen verstärkt zudem den Versuch, den Betrachter Zeuge einer ausgeklügelten Umgestaltung werden zu lassen, die den funktionalen Aspekt, das heißt die Art, wie das Gerät eigentlich arbeitet, hervorhebt. Baghdassarians und Baltschun versehen ihre Arbeiten mit feiner Ironie und einer Portion Verspieltheit, dazu nutzen sie oft auch Hilfsmittel aus ihrem Dasein als Electro-Musiker.

In „Memory Palace“ beispielsweise wurden Stimmgeräte für Gitarren zu einem Kreis zusammengeschlossen und ihrer üblichen Funktion entledigt, indem die Bildschirme gänzlich umprogrammiert wurden. Diese führen nun einen Lichtertanz auf, einen Film, der auf den Merksatz „Eddy ate dynamite, good bye Eddy“ verweist, welcher bei der gängigen Stimmung von Gitarrensaiten helfen soll. Dies verwandelt das notwendige, jedoch bisweilen mühsame Instrumente-Stimmen, gleichsam Albtraum und Plage eines jeden Musikers, in eine Reflexion über die Funktionsweise unseres Gedächtnisses. Bei der Loci-Methode, dem sogenannten Gedächtnispalast, werden die zu erinnernden Inhalte mit bestimmten Orten in Verbindung gebracht. In dem oben erwähnten Film wird dieser Gedächtnispalast – metaphorisch betrachtet – fortlaufend aufgebaut und wieder gesprengt, was letztlich zu einem kathartischen Effekt führt.

Ihr Werk „Abwicklung“ wiederum, dessen Titel sowohl auf den Vorgang des Abwickelns als auf das Thema der Liquidation hindeutet, besteht aus einem Magnetband und zwei Spulen, hergestellt von den Firmen „AGFA“ und „BASF“. Sie dienen als Vorlage für eine Sonifikation, eine klangliche Repräsentation der Markennamen. Die Geschichte zweier Unternehmen und ihrer diversen Firmenaufkäufe offenbart sich hier in Form eines sehr gemächlich wechselnden Akkords, beginnend bei den Tonhöhen B, A, S (Eb) und F hin zu A, G, F und A. Dies erinnert freilich an die Tradition musikalischer Kryptogramme, bei denen die Noten der Melodie so gewählt sind, dass sie ein Wort ergeben, wenn man die Bezeichnungen der Töne als Buchstaben liest. In der Vergangenheit haben bereits unzählige Komponisten diese Technik verwendet, um ihren geschätzten Kollegen zu huldigen; die beiden Künstler jedoch verwenden sie als Mittel, um die hintergründige Geschichte zweier bedeutender Magnetbandproduzenten aufzuwickeln.

Serge Baghdassarians (1972) und Boris Baltschun (1974) leben und arbeiten in Berlin. Seit 1999 arbeiten sie gemeinsam und haben bisher unter anderem beim Sonic Acts Festival in Amsterdam, der singuhr hoergalerie in Berlin und der Kid Ailack Hall in Tokyo ausgestellt und performt, darüber hinaus an Orten wie der Sao Paulo Bienal – Mobile Radio in Sao Paulo, dem Moderna Museet in Stockholm, dem Musee d’art moderne et contemporain in Straßburg und dem Beyond Baroque in Los Angeles sowie der Diapason Gallery in New York. Im vergangenen Jahr erhielten sie für ihr Stück „Bodybuilding“ den Karl-Sczuka-Preis für Radiokunst, und im Sommer dieses Jahres werden sie im Rahmen des Programms „Artists-in- Residence“ Gäste der Villa Aurora in Los Angeles sein.

Die Galerie Mario Mazzoli wird im Juni 2013 Baghdassarians’ und Baltschuns Arbeiten in einer Einzelausstellung auf der Volta in Basel vorstellen.

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