Bettina Pousttchi (*1971 in Mainz, lebt und arbeitet in Berlin) zeigt unter dem Titel Allee neue Skulpturen, die ihren Ausgangspunkt in der Auseinandersetzung der Künstlerin mit dem öffentlichen Raum und dessen Strukturen haben.

Städtisches Funktionsmobiliar, in diesem Fall Baumschutzbügel, wurde durch mechanisches Biegen, Pressen und Verdrehen in eine bewegte dynamische Form gebracht. Paarweise oder in kleinen Gruppen angeordnet werden die so bearbeiteten Baumschutzbügel zu einer Skulptur montiert, deren Volumen einzig aus der Lineatur entsteht. Man erkennt die funktionalen Objekte auch in der veränderten Form wieder und rekonstruiert die Kräfte, die darauf eingewirkt haben. In ihrer Bewegtheit besitzen die Arbeiten, denen ein mitunter anthropomorpher Bezug nicht abzusprechen ist, etwas Tänzerisches und Sequenzielles.

Die moos- oder hellgrüne Farbe erinnert an Tarn- oder Schutzfarbe und verstärkt die optische Verschmelzung der einzelnen Teile zu einer geschlossenen Form.

Die Arbeiten von Bettina Pousttchi nehmen oftmals Bezug auf den urbanen und historischen Kontext eines gegebenen Ortes. Die Künstlerin erkennt in den Dingen, Orten und Situationen latente Möglichkeiten und rückt diese in den Vordergrund, um etwas Neues zu erschaffen, das gleichwohl etwas über das Zugrundeliegende aussagt, wie es Jeremy Stick vom Nasher Sculpture Center Dallas in seinem Essay „Urbane Objekte: Die Skulpturen von Bettina Pousttchi“ formuliert. Und weiter schreibt er: „In ihren Arbeiten verbinden sich Neugier und Vorstellungsvermögen mit Recherche und geschickten Modifizierungen, wobei die komplexen Bedeutungen der jeweiligen Dinge, Orte und Situationen zum Bereich künstlerischen Handelns werden.“

Seit 2009 realisiert Bettina Pousttchi monumentale ortsspezifische Interventionen auf Gebäuden im öffentlichen Raum, die in Bezug stehen zum historischen und urbanen Kontext des jeweiligen Gebäudes. So realisierte die Künstlerin 2009/2010 die Fotoinstallation Echo auf der gesamten Fassade der Temporären Kunsthalle Berlin, die an den kurz zuvor abgerissenen Palast der Republik erinnerte. An der Schirn Kunsthalle war 2012 ihre ortsspezifische Fotoinstallation Framework auf den Fenstern der Rotunde und des Ostflügels zu sehen, die auf die Veränderung des urbanen und sozialen Kontextes der Frankfurter Innenstadt Bezug nahm. Für die monumentale Arbeit The City verhüllte Bettina Pousttchi die Fassade des Wolfsburger Schlosses mit einer Fotomontage von Wolkenkratzern, die zur Zeit ihrer jeweiligen Fertigstellung die höchsten Gebäude der Welt waren. Den Nasher Sculpture Center von Renzo Piano in Dallas baute sie zu einem Drive Thru Museum um und reagierte damit auf den spezifischen Ort des Museums, ein früherer öffentlicher Parkplatz, und auf die soziale und urbane Struktur der Stadt, die für das Automobil gebaut ist.

Arbeiten der Künstlerin waren unlängst in einer Kooperation mit Daniel Buren in der Kunsthalle Mainz zu sehen. Des weiteren hatte Bettina Pousttchi in den letzten zwei Jahren Einzelausstellungen im Arts Club of Chicago, dem Hirshhorn Museum and Sculpture Garden, Washington D.C. und in der Phillips Collection, Washington D.C. sowie davor im Nasher Sculpture Center Dallas. Aktuell zeigt das Kunstmuseum St.Gallen in der Lokremise eine grosse Präsentation neuer Arbeiten von Bettina Pousttchi.