Sies + Höke freut sich mit Green Orange, die dritte Einzelausstellung des Künstlerduos João Maria Gusmão (1979) und Pedro Paiva (1977) in der Galerie zu präsentieren.

João Maria Gusmão und Pedro Paiva, die seit 2001 zusammenarbeiten, erschaffen Filme, Objekte, Fotografien, Installationen und Publikationen, mit denen sie diejenigen Areale einer bereits verloren gegangenen Schärfe unserer Wahrnehmung untersuchen, die sich häufig auf dem „Müllhaufen“ des Wissens ansammeln und unter, hinter, zwischen und parallel zur natürlichen Ordnung der Dinge verweilen. Zugleich humorvoll, rätselhaft und absurd, beinhalten ihre Werke eine Vielzahl von Verweisen auf Literatur und Philosophie, aber vor allem lenken sie die Aufmerksamkeit auf Fragen zur Realität und ihrer Repräsentation. Bestehend aus Skulpturen, Fotografien und einer ganzen Serie von projizierten Lichtinstallationen, hebt die Ausstellung Green Orange die Rolle des Modells in der künstlerischen Praxis der beiden portugiesischen Künstler hervor; nicht zuletzt durch die Demonstration paradoxer Beziehungen zwischen Simulation und Realität, ganz im Sinne von Paul Valerys Diktum: „Alles Einfache ist falsch. Alles, was komplex ist, ist unbrauchbar.“ (Notre destin et les lettres, 1937)

Im Laufe der Zeit wurde ihre Sammlung von natürlichen, kulturellen und künstlichen Phänomenen zu einem Bestiarium an Dingen, in welchem sich auch Eigentümliches und Groteskes ausbreitet. Green Orange ist ein solches Myzel. Den Anfang machen neue - Skulpturen vergleichbare - Bronzeobjekte, sowie Fotos der Künstler, die inspiriert zu sein scheinen vom Spektrum wissenschaftlicher Utensilien, die jeweils eine ganze Reihe widersprüchlicher Assoziationen hervorrufen. Ausgangspunkt ist ein Modell von Platons exemplarischer Höhle, welches der Philosoph einsetzte, um die menschlichen Wahrnehmungseinschränkungen in Bezug auf die Fehldarstellung von Realität zu diskutieren. Vereinfacht und miniaturhaft verkleinert, verweist das Objekt auf die protofilmische, philosophische Parabel, wobei die Protagonisten und die Projektionen abwesend erscheinen und einen Hintergrund für den Betrachter bilden, der die Szene mit verbundenen Augen ergänzen und rekonstruieren muss. Einige der Skulpturen, wie eine von einem ruhenden Tennisball unterbrochene Wiese, weisen absurde Maßstabsverschiebungen auf, während andere wiederum unerklärliche Szenarien wiedergeben, wie etwa eine von einer Karotte durchbohrte Flasche, oder ein Schwamm, der Flüssigkeit weder aufzusaugen noch abzugeben scheint. Diese Arbeiten werden flankiert von den Skulpturen einer achtsamen schwarzen Katze, einer Unterwasser-Szenerie, einer aus Kunststoff angefertigten frischen Rübe, sowie einem sich bewegenden Seil, das an eine Schlange erinnert, einer reifen Pampelmuse, die einem Gesicht ähnelt – zwei, ebenfalls aus Plastik bestehende Mandarinen stechen als Augen hervor – und eine „Schneefrau“, deren bauchiger Körper sowohl an vorpubertäre Spiele im Schnee als auch an die altsteinzeitliche Figur der Venus von Willendorf erinnert.

Inspiriert durch die Miniaturszenerie von Platons Höhle, zeigt eine Serie von Fotografien dioramenartige Anordnungen. Diese sind Bühnenbildern vergleichbar oder auch den „Spektakeln“ von Stuart Sherman, bei denen der Performancekünstler semantische Dramen, durch das Bewegen unbelebter Objekte auf einer tragbaren Tischplatte, in Gang brachte. Da viele dieser Fotografien verschiedene Objekte und Bilder aus der Ausstellung selbst beinhalten, ist der Betrachter mit einem Mise en Abyme konfrontiert, einer endlosen Rekursion in den Abgrund, bei der verkleinerte Stellvertreter innerhalb der Bilder mit den „realen“ Objekten außerhalb des Rahmens im Einklang stehen. Unterstrichen werden diese Kompositionsübungen durch eine kleinformatigere Serie von Fotografien, die sowohl horizontale als auch vertikale Farbbänder aufweisen und unmittelbar an modernistische, formalistische Experimente sowie an die prototypischen Karomuster schottischer Stoffe erinnern. Ihre Ketten und Schüsse wurden nicht durch Farbe oder Fäden erzeugt, sondern indem ein Negativ wiederholt mit Farbfiltern belichtet wurde, bis ein Bild mit flimmernden Effekten entstand.

Über die gesamte Ausstellung verteilt finden sich zeichnungsähnliche Fotografien mit Puzzlen und Bildrätseln, die halb Rätsel, halb Kritzelei, vom doppelzüngigen und subtilen Humor des Duos zeugen. Die schlichte Bündelung von Bildelementen liefert paradoxe Piktogramme, die zur Produktion von performativen Präpositionen, absonderlichen Dilemmas, verwirrenden Prinzipien und nüchternen Zuständen führen. Zugleich steht Green Orange für den Anfang einer neuen Serie von Installationen, die mithilfe von modifizierten, mittelformatigen Diaprojektoren und synchronisierten Mechanismen bewegte Formen auf der Wand erzeugen. Wie bei ihren bewegungslosen Pendants, wirkt das Filtern und Überlagern von Farben und Formen beim Betrachter als Katalysator für Momente von Pareidolie, wo einfache Reizmuster die Wahrnehmung bereits bekannter Phänomene beschleunigen. Diese Manifestationen von Formen sind nicht bloße Simulationen, sondern vielmehr Abbildungen, die eine Reaktion und eine Serie von figurativen Verbindungen hervorrufen: wie bei einem Gedankenexperiment findet der Betrachter etwas heraus und stellt es sich bildlich vor. Ihr wiederholtes Auftreten erzeugt ein intensives Nachdenken und gräbt in das innere Auge des Betrachters eine aberwitzige Logik für Abstraktion ein.