Ein Künstlerbuch kann viele Formen annehmen: es kann ein eigenständiges Kunstwerk sein, ein Multiple in limitierter Auflage, eine Reflektion des Künstlers über sein eigenes Schaffen, das den einzelnen Werken eine Erzählung beigibt, oder sogar eine Neuinterpretation des Mediums Buch. Galerie Max Hetzler präsentiert eine Ausstellung mit Künstlern, Künstler-büchern und Editionen als Hommage an den legendären Galeristen Yvon Lambert und seinen eigenen Verlag für Künstlerbücher, gegründet in den 1960 Jahren, sowie als Rückschau auf unsere fruchtbare Zusammenarbeit mit dem Verleger und Buchdesigner Hans Werner Holzwarth, mit dem wir seit 2000 Bücher publizieren.

Als Yvon Lambert in den späten 1960er-Jahren seine erste Galerie in Paris eröffnete, setzte er von Beginn an einen starken Fokus auf Publikationen. Eine erste Reihe war Mot pour mot mit On Kawara, Robert Barry, Giulio Paolini und Daniel Dezeuze, gefolgt von Einzelpublikationen wie Critical Limits mit Daniel Buren, Six geometric figures and all their double combinations mit Sol LeWitt und 10 Works mit Lawrence Weiner. 1992 begann Lambert eine fortlaufende Serie bibliophiler Ausgaben in limitierter Auflage unter dem Titel Une rêverie émanée de mes loisirs. Dafür lud er Künstler ein, die alleine oder in Kooperation mit einem Autor ein Buch komplett nach eigenen Vorstellungen gestalten sollten. So wurde jedes Buch selbst zum Kunstwerk, publiziert als Edition von 150 Exemplaren. Bis heute sind 27 Bücher mit Künstlern wie Robert Barry, Christian Boltanski, Louise Bourgois, Jenny Holzer, Rebecca Horn, On Kawara, Anselm Kiefer, Giuseppe Penone erschienen und weitere in Arbeit. Yvon Lambert wird die gesamte Reihe in der Ausstellung zeigen und ermöglicht so einen seltenen Einblick in die verschiedenen Ansätze, mit denen Künstler diesem offenen Format begegnen.

Buchdesigner und Verleger Hans Werner Holzwarth und Galerie Max Hetzler arbeiteten zum ersten Mal im Jahr 2000 im Zuge der Publikation Inhaltsangabe / Summary of Contents von Albert Oehlen zusammen. Das Buch vereint graue Bilder des Künstlers mit farbigen, am Computer gestalteten Ausstellungsplakaten und seinem eigenen Text. Holzwarth hatte schon häufig eng mit Künstlern an Publikationen gearbeitet, etwa mit Barbara Bloom, Bogomir Ecker, Roni Horn, Raimund Kummer, Ed Ruscha oder Kiki Smith, und war als Art Director des Scalo-Verlags für Titel mit Richard Billingham (Ray’s a Laugh), Larry Clark (Perfect Childhood), Robert Frank (Moving Out), Jim Goldberg (Raised by Wolves), Nan Goldin (I’ll Be Your Mirror), Boris Mikhailov (Unfinished Dissertation), Richard Prince (Adult Comedy Action Drama) und vielen anderen verantwortlich. Eine besonders tiefe Zusammenarbeit begann 1998 mit Christopher Wool im Rahmen seiner Publikation für das LA MOCA, die sich auf schwarz-weiße Schnappschüsse konzentrierte, die der Künstler von seinem eigenen Werk in situ machte. 2003 veröffentlichte Holzwarth Wools Künstlerbuch East Broadway Breakdown in seinem eigenen Verlag und es folgten weitere, zuletzt Yard (2018), eine Sammlung fotografischer Überlagerungen. Eine andere langfristige Kooperation entstand 1999 mit Rebecca Horn durch die Veröffentlichung ihrer Gedichte und Illustrationen im Buch Tailleur du Cœur. Seitdem produzierte Holzwarth eine Sammleredition von Horns Filmen, ein Künstlerbuch, das die Reproduktion eines handgeschriebenen Romans von Martin Mosebach mit Horns übermalten Fotografien kombiniert, und vieles mehr. Hans Werner Holzwarth zeigt bei Galerie Max Hetzler eine Auswahl dieser Titel – viele davon mittlerweile Klassiker ihres Genres.

2017 wurde das gemeinsame Projekt H2P I Hetzler Holzwarth Publications gegründet, um besondere Sammlereditionen von Künstlerbüchern zu produzieren. Zwei limitierte Editionen wurden bereits realisiert: eine Monografie von Zhang Wei mit handbemalten Buchdeckeln inklusive eines bemalten Spachtels beziehungsweise einer Schaufel, sowie ein großformatiges Portfolio von André Butzer, dem eine Arbeit auf Papier beigelegt ist.

Mit dieser Ausstellung feiern wir die besondere Stellung, die Bücher auch im digitalen Zeitalter noch einnehmen, zur Dokumentation, Verbreitung und Vertiefung von Kunst durch schöne Objekte, die selbst zu Sammlerstücken werden.

Die Ausstellung LadiI Rogeurs: Sir Loudrage – a still life mit Arbeiten von Loris Gréaud ist in der Goethestraße 2/3 noch bis zum 21. Juli 2018 zu sehen.

Hans Werner Holzwarth begann als Fotograf und Graphikdesigner bei MetaDesign in Berlin und gründete 1988 seine eigene Firma Design pur gemeinsam mit seiner Kollegin Anja Nienstedt. 1993 wurde Holzwarth Art Director beim internationalen Verlag für Fotografie, Kunst und Populärkultur Scalo, wo er für die Konzeption und das Design aller Bücher und Präsentationen verantwortlich war. Hier erhielt er u. a. den Federal Design Achievement Award of the National Endowment for the Arts für Robert Frank: Moving Out (1995) und den Kodak Fotobuch Preis ebenfalls für Robert Frank: Moving Out (1995) sowie für Jock Sturges, Richard Billingham: Ray’s a Laugh (beide 1996) und Tina Barney: Theater of Manners (1997). 2000 gründete er seinen eigenen Verlag Holzwarth Publications, um mit zeitgenössischen Künstlern Künstlerbücher und Ausstellungskataloge für Galerien, insbesondere Galerie Max Hetzler, und Museen wie das Sprengel Museum, Hannover, Kunsthaus Bregenz und zuletzt Fondation Beyeler, Riehen, zu realisieren. Seit 2008, gibt Holzwarth auch übergroße Monographien des Taschen Verlags heraus, wo er ebenfalls eng mit Künstlern limitierte Sammlereditionen produziert. Bisher erschienen u.a. Jeff Koons, Christopher Wool, Albert Oehlen, Neo Rauch, Ai Weiwei, Darren Almond: Fullmoon, Beatriz Milhazes und David Hockney: A Bigger Book.

Yvon Lambert gründete seine erste Galerie in seiner Heimatstadt Vence in den 1960er Jahren. Einige Jahre später eröffnete er seine Galerie in Paris und 1972 entschloss er sich, führende amerikanische Künstler der Konzeptkunst, des Minimalismus und der Land Art auszustellen, darunter Carl Andre, Robert Barry, Sol LeWitt, Richard Long, Brice Marden, Gordon Matta-Clark, On Kawara, Cy Twombly und Lawrence Weiner. Außerdem zeigte er europäische Künstler wie Joseph Beuys, Daniel Buren, Christo, Giulio Paolini und Niele Toroni. In den späten 1970er Jahren zog Lambert in Paris in neue Räume, wo er neben seinen frühen Künstlern auch Jean-Michel Basquiat, Christian Boltanski, Mircea Cantor, Nan Goldin, Douglas Gordon, Loris Gréaud, Candida Höfer, Jenny Holzer, Anselm Kiefer, Barbara Kruger, Louise Lawler, Roman Opalka, Andres Serrano und viele andere ausstellte. 2000 eröffnete er die Collection Lambert in Avignon, welche seine eigene Kunstsammlung von mehr als 650 Werken zeigt und die später an den französischen Staat gestiftet wurde. In den frühen 2000ern eröffnete Lambert eine Buchhandlung mit einer umfangreichen Auswahl an Kunstbüchern, Ausstellungskatalogen, Raritäten, Plakate und Kunstwerken. 2014 schloss er seine Galerie, um sich ganz seinem Geschäft und dem Verlegen von Büchern in enger Zusammenarbeit mit renommierten und aufstrebenden Künstlern zu widmen. Gemeinsam mit seiner Tochter Ève eröffnete er im Oktober 2017 ein neues Geschäft im Pariser Marais, entworfen von Dominique Perrault. Neben einer erweiterten Auswahl an Büchern und Kunstwerken ist hier Platz für Lesungen, Ausstellungen und andere Veranstaltungen.