Galerie Eva Presenhuber freut sich eine neue Ausstellung von Doug Aitken zu präsentieren. Aitken hat ein multimediales Oeuvre entwickelt, das neue Kunstformen untersucht und selbst hervorbringt. Seine Arbeit umfasst ein breites mediales Spektrum, zu dem Film, Sound, Fotografie, Skulptur, Performance, Happening und ortsspezifische Installationen gehören. Er schafft immersive multimediale Landschaften, die die Konventionen des gegenwärtigen Kunstdiskurses sprengen. Die Ausstellung zeigt drei neue Installationen einschließlich der Videoarbeit NEW ERA und fügt Aitkens Oeuvre ein neues Kapitel hinzu.

Aitken glaubt, dass sich mit unserem Fortschritt auch die Rolle des Betrachters ändern wird – er wird weniger passiv werden. So wie neue Formen des Kunstschaffens entstehen, die lebendig und interaktiv sind und sich permanent verändern, wird auch der Betrachter mit den Kunstwerken in Dialoge treten, die sich ständig verändern. Es ist wichtig die Art, wie wir Kunst sehen, zu ändern und Alternativen jenseits der traditionellen Rolle des Betrachters als Voyeur und Zuschauer zu finden. Aitkens Arbeiten lassen den Betrachter eintauchen und dabei die Arbeit erst aktivieren – gleichzeitig wird der Betrachter durch sie aktiviert.

Der neue Werkkomplex bringt den Betrachter in eine andere Welt, eine Welt die Ideen erkundet und einen an Orte bringt, die durch Sprache nicht ganz artikulierbar sind. Durch Bild, Form und Sound konzeptualisieren die Arbeiten die Idee einer gegenwärtigen Welt, die einerseits vollkommen kinetisch und synchron ist und andererseits eine unermesslich isolierende Landschaft darstellt.

Beim Betreten des ersten Raums der Galerie schafft NEW ERA einen hexagonalen Raum aus wechselnden Spiegeln und Projektionen; der Film nimmt die Erfindung des allerersten Mobiltelefons 1973 von Martin Cooper zum Ausgangspunkt. NEW ERA webt Coopers Rolle in der Geschichte der mobilen Kommunikation in eine poetische Erzählung ein. Die Erzählung zerfällt und bricht. Sie zeigt wie durch diesen historischen Moment ein Paradigmenwechsel ausgelöst wurde, der die diametral entgegengesetzten Vorstellungen von Konnektivität und Freiheit verstärkt hat.

Im zweiten Raum tritt der Betrachter direkt in die Installation 3 Modern Figures (don't forget to breathe). Drei menschliche Figuren ruhen auf einem groben Holzboden. Die Figuren sind eingefroren nur Form, kristallisiert in durchscheinendem Glas. Die Figuren sind nicht heroisch, sie sind als realistische Momentaufnahme moderner Individuen erstarrt, als wäre die Zeit stehen geblieben. Aus ihrem leeren Inneren strömt pulsierendes Licht. Das Licht bewegt sich von einer Person zur anderen. Dabei entsteht ein Rhythmus, der die Figuren gleichzeitig miteinander verbindet und voneinander entfremdet. Die Figuren sind genau in Momenten erstarrt, in denen sie Anrufe tätigen. Wo sie ein Handy in der Hand halten sollten, ist nur der negative Raum zu sehen. Die Lichtmuster erzeugen eine Landschaft aus dem Pulsieren und den Mustern leuchtender Farben. Durch den Raum hallt eine Audiokomposition aus geschichteten Gesängen, die sich synchron zum Licht bewegt.

Im dritten abgedunkelten Raum steht eine dreieinhalb Meter hohe Skulptur aus Fels und Beton, die den Titel Crossing the Border trägt. Sie weist Parallelen zu einem brutalistischen Monument auf. Die Scheibe aus Stein und Beton ist in Gandhis Umrisse von einem Foto geschnitten. In diesem prägenden Bild des zwanzigsten Jahrhunderts ist Gandhi abgebildet, wie er einen felsigen Pfad ansteigt und mit einem hölzernen Stab die Balance hält.

In dem matt erleuchteten Raum sehen wir seinen Körper und seine Umrisse in Granit und Stein erstarrt. Anstelle des hölzernen Stocks hält er einen leuchtenden Stab aus durchsichtigem Glas, das von innen leuchtet. Im Raum hallen Audios von tropfendem Wasser wider. Wasser tritt aus Öffnungen in der Felsfigur. Die Tropfen steigern sich graduell, erzeugen ein Momentum, bis Wasser von überall aus der Felsfigur fließt – in seiner Geschwindigkeit synchron zum Pulsieren des Lichtstabs. Crossing the Border ist ein Leuchtfeuer, ein Wegweiser, der in ständigem Zwielicht steht, während er in die Zukunft blickt.

Die Ausstellung verbindet drei Arbeiten in der Folge von drei Räumen. Die Ausstellung beginnt mit der Erfindung des Mobiltelefons, reflektiert, wie Menschen in der Gegenwart gleichzeitig synchron und asynchron miteinander sind, und endet mit Crossing the Border. Die Ausstellung schafft eine fragmentierte Erzählung der heutigen digitalen Landschaft. In dieser Landschaft sind Aitkens Arbeiten Wegmarken, die den Betrachter anhalten und seine Umgebung beurteilen lassen.

Doug Aitken lebt und arbeitet in Los Angeles, USA. Er ist weltweit für seine Ausstellungen, Installationen im öffentlichen Raum und seine Happenings bekannt, die übliche Formen der Kunstpräsentation bei weitem übersteigen. Seine jüngsten Einzelausstellungen fanden unter anderem statt im Modern Art Museum of Fort Worth, Fort Worth, USA (2017), Los Angeles Museum of Contemporary Art, Los Angeles, USA (2016), „Doug Aitken, Underwater Pavilions“, Parley for the Oceans und MOCA, Los Angeles, Pazifischer Ozean in der Nähe der Catalina Insel, USA (2016), Schirn Kunsthalle, Frankfurt, Deutschland (2015). Zu den jüngsten Gruppenausstellungen in größeren Museen gehören unter anderem „Process and Practice: 40 Years of Experimentation“, The Fabric Workshop and Museum, Philadelphia, USA (2017); „Floating Worlds”, 14th Biennale de Lyon, Lyon, Frankreich (2017); „Again and Again”, Haus der Kunst, München, Deutschland (2017); „The Garden - End of Times; Beginning of Times: The Future,” ARoS Aarhus Kunstmuseum, Aarhus, Dänemark (2017). 2017 hat Aitken die ortsspezifische Arbeit „Mirage“ in der Wüste Kaliforniens installiert, Desert X, Palm Springs, USA.