Künstler: Sonny Assu (Kwakwaka’wakw), Natalie Ball (Modoc – Klamath), Dayna Danger (Metis – Anishinabe – Saulteaux), David Garneau (Metis), Leonard Getinthecar (Nicholas & Jerrod Galanin, (Tlingit – Aleut)) in Zusammenarbeit mit Nep Sidhu, Kent Monkman (Cree), Caroline Monnet (Algonquin), Jessie Ray Short (Metis), Skawennati (Kahnawake Mohawk).

Parallel zur 10. Berlin Biennale freut sich die Contemporary Native Art Biennale (BACA), ihre erste Gruppenausstellung nordamerikanischer indigener Kunst in Berlin zu präsentieren.

Als ich im Jahr 2014 eingeladen wurde, die zweite Ausgabe der Contemporary Native Art Biennale in Montreal zu kuratieren, beschloss ich, anhand der Methode des Geschichtenerzählens einen dauerhaften und effektiven Bildungsansatz für viele indigene Kulturen zu erforschen. In den Geschichten, die wir erzählen, und in den Legenden, die uns übermittelt werden, ist es im Allgemeinen der Held, der uns am meisten inspiriert. Er ist es, der es uns erlaubt, Anteil zu nehmen an Geschehnissen, die wir selbst vielleicht nie erfahren haben. So ist es aber auch die Tapferkeit, die Furchtlosigkeit und die Entschlossenheit des Helden, die uns dazu anspornt dass zu verteidigen an was wir glauben, indem wir uns gegen unterdrückende Mächte stellen und uns damit für Gerechtigkeit und Fairness einsetzen.

Für viele Gemeinschaften, vor allem indigene Völker, sind Helden notwendig. Heroische Figuren stellen nicht nur bewundernswerte Idole dar, sondern vereinen auch. Beispielhaft und heroisch ist so zum Beispiel jede Bemühung um die Rettung unserer Kultur, nachdem Nordamerika auf der Vernichtung unserer Völker aufgebaut hat. Es ist eine Ehrerweisung unseren Vorfahren gegenüber und ein Kampf gegen die Kolonisatoren, die zerstört haben. Es ist ein wichtiger Schritt in Richtung Vergangenheitsbewältigung. Figuren wie Louis Riel sind es, die uns dazu inspirieren diese wichtigen Geschichten zu übermitteln. Er ist eine widersprüchliche heroische Figur, die im späten 19. Jahrhundert die Rechte des Métis Volkes und der Französisch-Kanadier in den kanadischen Prärien verteidigte.

Genau dieser kontroverse Charakter ist es, den die beiden Métis-Künstler David Garneau und Jessie Short zu ihrer Arbeit inspiriert. Garneau porträtiert Riel in einem Gemälde, das von Jacques-Louis Davids »Bonaparte beim Überschreiten der Alpen am Großen Sankt Bernhard «(1801) beeinflusst wurde. Die Verbindung zwischen Napoleon und Riel unterstreicht die widersprüchlichen Ansichten von Riel als eine historische Figur auf der einen Seite, während er als nationalistisches Symbol auf der anderen Seite porträtiert ist. Shorts Video »Wake Up!« zeigt die Künstlerin, wie sie sich selbst als diese berühmte historische Figur kleidet und damit versucht, Riel als einzige Métis-Ikone in der kanadischen Mainstream-Kultur durchzusetzen. Gleichzeitig macht sie auf die fehlende Repräsentation von Métis-Frauen im Allgemeinen aufmerksam, so wie auch viele weitere Künstler mehr Repräsentation indigener Frauen fordern. In Ihrem Werk »Renaissance« bietet Caroline Monnet ein kraftvolles Porträt 6 indigener Damen. Diese – allesamt aktive Künstlerinnen und Aktivistinnen – präsentieren sich aufrecht und stolz in ihren edlen Outfits. In ähnlicher Weise zeigt Dayne Danger’s drei Frauen in wunderschönen schwarzen Perlenmasken, in welchen sie trotzig, kraftvoll und unbesiegbar wirken.

Die weit verbreiteten Erzählungen über indigene Völker handeln viel zu oft von Drogenmissbrauch, Gewalt, kriminellen Aktivitäten und Inhaftierungen, was erschwerend dazu beigetragen hat ihr Image als bedrohlich und deviant zu stigmatisieren. Dies ist genau das, was Nicholas und Jerrod Galanin in »Modicum« (2014) verurteilen. Die Arbeit stellt einen unter Dutzenden von Einweg-Kaffeetassen hockenden und aufständigen Polizisten dar, auf denen die Namen von Nicht-Weißen stehen, die von Strafverfolgungsbeamten in den Vereinigten Staaten getötet wurden. Ein Held für unsere Gemeinschaft zu sein, ist eine schwere Last, denn wenn Sie fallen, hallt der Aufprall durch die ganze Gemeinschaft.

Vielleicht nur ein Grund,weshalb sich viele Künstler lieber fiktionalen Helden zuwenden, denn diese bieten ihnen die Möglichkeit die Erzählung selbst zu kontrollieren. Um sich Ihre eigene Zukunft zu schaffen hat Skawennati so zum Beispiel Charaktere eingesetzt, mit denen eine andere Beziehung zur Geschichte konfiguriert werden kann. Jedoch tragen fiktive Charaktere ebenfalls zu bleibenden Stereotypen bei. Karl Mays weithin bekannter Winnetou zum Beispiel mag in Cowboy-Geschichten als erfrischende Alternative zur vorherrschenden Figur des kriminellen „Indianers“ gesehen werden, bleibt aber thematisch weitgehend problematisch. Dieser Zwiespalt wird in Kent Monkman »Diptychon« erforscht. So haben Helden beiderseits die Fähigkeit, vorherrschende negative Stereotype aufzulösen und uns gleichzeitig deutlich zu machen, dass jedem Menschen auch das Potenzial für wahre Größe innewohnt. Letztendlich sind Helden doch irgendwie genau wie wir.