Wir freuen uns, Eva Löfdahls Arbeit mit ihrer ersten Einzelausstellung in Berlin umfangreicher vorzustellen. Seit ihrer ersten Ausstellung 1977 zählt sie zu einer der produktivsten und unkonventionellsten Künstlerinnen Schwedens und ist für ihre zumeist unaufdringlichen und schwer zu definierenden Objekte und Installationen bekannt. Ihre Praxis reicht darüber hinaus von Performances und kollaborativen Arbeiten – die ersten entstanden noch mit dem schwedischen Künsterkollektiv "Wallda" in den 1980ern – bis hin zu Forschungsexpeditionen in entlegene Regionen. Ihre Materialwahl entspringt der Suche nach einer geeigneten Arbeitsmethode, um Inhalte zu formulieren. Ihre Werke entziehen sich einfacher sprachlicher Kategorisierungen und Beschränkungen. Ihre Skulpturen, Objekte, Bilder, Zeichnungen und ortsspezifischen Arbeiten liefern paradoxe Metaphern, mit denen die Künstlerin unsere gewohnte Wahrnehmungsweise der Dinge herausfordert.

In Berlin besiedelt Löfdahl den Ausstellungsraum mit einer Reihe von neuen Arbeiten, die den Raum geheimnisvoll besetzen. Fast alle Werke sind seriell angelegt und bestehen aus modifizierten Alltagsobjekten. Der Titel "Respite" entstand in einem kollaborativen Dialog und suggeriert einen Augenblick, ein Intervall, eine Atempause oder auch eine Übung, außergewöhnliche Ressourcen für die Genesung bereitzustellen. Dabei ist der Prozess der Titelfindung exemplarisch dafür, wie Löfdahls künstlerisches Denken einen unerwarteten Bezug zwischen unserem Wahrnehmungsapparat und der Erzeugung von Bedeutung herstellt.

"Every Insurance", die erste Arbeit, der man begegnet, besteht aus modifizierten Regenschirmen, bestückt mit Sicherheitsnadeln, die eine Fledermaus-artige Erscheinung haben. Diese Weise, Dinge zu transformieren, setzt sich in der Arbeit "Untitled" fort. Die Wandarbeit bildet eine vertikale Linie aus hölzernen Besenköpfen, deren Bürstenhaare in Wellenform abgerieben sind. In der Mitte des Galerieraumes zeigt Löfdahl "Uchronia's Seeds", eine sorgfältig arrangierte Installation. Objekte aus Sand und gewellter Pappe liegen auf Glasscheiben, die mit einer Seite auf Schaumstoff- und Papierrollen ruhen – eine Landschaft aus nichtweltlichen tektonischen Platten. Die zwölfteilige Serie aus Papierarbeiten "Inclined" entstand, indem die Künstlerin ihren Körper leicht nach vorn beugte und dabei einen farbgetränkten Faden auf das Papier fallen ließ. Diese halbkontrollierte Handlung erzeugte Markierungen, die ganz verschiedene interpretative Impulse auslösen. Zudem ist ihre Skulptur "Telluric Touch" von 2015 ausgestellt, die im weitesten Sinne als Rekonstruktion eines Fußes mit Schienbein beschrieben werden kann.

Echos der natürlichen Welt wie Sand und Haar, oder auch körperliche Handlungen wie das Werfen eines Fadens oder das Öffnen eines Regenschirms durchziehen die Ausstellung. Sie verwandeln den Galerieraum in eine ruhige, rätselhaft und verwundbar wirkende Landschaft. Zufallsoperationen und Bedeutungskollisionen verleihen den Objekten und ihren Texturen eine zugleich vage wie exakte Handlungsmacht (agency). Eva Löfdahls Artefakte scheinen dabei in einem Reich zu existieren, das der Ausstellungsszenografie sowie dem Besucher gegenüber gleichgültig ist – und sogar gegenüber den anthropozentrischen Begrenzungen, durch die sie Kunst wurden.

Eva Löfdahl, geboren in 1953 in Göteburg, lebt und arbeitet in Stockholm. 2018 zeigte sie eine Einzelausstellung im Projektraum Veda in Florenz. Ihre Arbeiten wurden 2011 in einer Überblicksausstellung im Moderna Museet, Stockholm präsentiert, und waren in einer Einzelausstellung in der Lunds Konsthall (2009) zu sehen. Sie hatte Einzelausstellungen im Krognoshuset Lund (2004), Moderna Museet, Stockholm (2002) und Kunstraum Düsseldorf (1998). Sie nahm an Gruppenausstellungen im Göteborgs Konstmuseum (2008) teil, sowie in der Bonniers Konsthall, Stockholm (2007) und im Finlands Arkitekturmuseum, Helsinki (2002). 1995 repräsentierte sie Schweden im Nordic Pavillion auf der Venedig Biennale. Dies ist ihre vierte Einzelausstellung in der Galerie Nordenhake.