Galerie Eva Presenhuber freut sich, eine Ausstellung mit dem Wiener Künstler Tobias Pils zu präsentieren. Es ist die erste Ausstellung des Künstlers im Ausstellungsraum auf Antiparos in Griechenland. Tobias Pils' Gemälde und graphische Arbeiten sind kaum interpretierbar. Der Malprozess ist geprägt von einer Planung, die sich permanent selbst aufhebt mit dem Ergebnis, dass Repräsentation in Abstraktion umschlägt, Figürlichkeit zu Komposition wird. Pils' Arbeit schafft ein Unbehagen der Interpretation und fordert die Vorstellung von malerischer Subjektivität heraus: Die Arbeitsweise folgt der Inspiration und der Alltagswelt des Malers, wechselt launenhaft die Richtung und wird von permanenter technischer Präzision und malerischer Überlegung begleitet. So entsteht ein Werk, dessen Attraktion in der Ambivalenz von interpretatorischem Unbehagen, Diskontinuität und technischer Brillianz ausgeht.

In Antiparos zeigt Pils sieben neue Gemälde, die alle nach dem Ausstellungsort benannt sind. Die Bilder Antiparos 1-7 sind nicht als Serie in Hinblick auf die Ausstellung entstanden, sondern als Familie auseinander hervorgegangen. Die sieben Gemälde haben alle das gleiche Format, weder groß noch klein, und werden von unterschiedlichen Figuren bevölkert. Die Figuren ähneln sich nicht unbedingt, was ihre Form betrifft, sondern in ihrer Ambivalenz zwischen Abstraktion und Repräsentation. Einerseits werden sie deutlich als Figuren wahrgenommen und andererseits dienen sie der formalen Komposition. Zudem ist nicht unterscheidbar, ob es sich um menschliche oder tierische Figuren handelt. Gewissermaßen sind sie beides: Tier, Mensch, abstrakt und figürlich.

Über die Genese seiner Gemälde hat Pils gesagt, er habe eine bestimmte Vorstellung vom Motiv, die sich im Laufe des Malprozesses verliere. Den ursprünglichen Zusammenhang in verschiedene Richtungen entwickeln – das sei seine Aufgabe. Insofern liegt Pils' Arbeit der Begriff der „Familie“ zu Grunde: Die Bilder entstehen auseinander, haben den gleichen Ursprung, bewegen sich aber in unterschiedliche Richtungen. Der alltägliche Begriff der „Familie“ wird so zu einem übergeordneten Prinzip, das den einzelnen Bildern genauso eingeschrieben ist, wie ihrem Zusammenhang.

Die Figuren selbst haben dementsprechend etwas Generisches oder Geschlechtliches an sich. Sie erwachsen auseinander, tragen deutliche männliche oder weibliche Geschlechtsorgane – zum Teil auch beide – und sind aufeinander bezogen. Der Zusammenhang der Familie ist nicht narrativ. Aus den sieben Gemälden lässt sich keine Geschichte herauslesen. Ihr Zusammenhang ist der einer Genealogie, in der die Dinge verwandt sind, auseinander hervorgehen, sich aber in völlig unterschiedliche Richtungen entwickeln.

In der Bilderfamilie Antiparos hat Pils zum ersten mal einen Titel gewählt, der im Nachhinein entstanden ist: Als der Kontext der Ausstellung hinzukam, waren die Bilder schon gemalt. Wie man einem Kind einen Namen gibt, der sich nicht aus der Familie herleitet, aber der eben auch nicht beliebig ist, fügt der Ort Antiparos ihnen einen neuen Kontext und eine neue Lesart hinzu. Die Figuren verändern sich durch diese Kontextverschiebung vom Wiener Alltag des Malers auf die griechische Insel, obwohl sich auf der Leinwand nichts verändert: Auf einmal erinnern sie mit ihren geflügelten Armen an Daidalos und seinen Sohn Ikaros. Eine Assoziation, die beim Malen nicht angelegt war und ein Resultat der Kontextverschiebung und der Namensgebung ist.

Die Möglichkeit dieser Kontextverschiebung, die eine neue Lesbarkeit produziert, die aber nicht ganz fassbar wird – schließlich ist Antiparos alles anders als ein Bilderzyklus über Figuren der Mythologie – ist charakteristisch für Pils' malerisches und grafisches Werk. Die Figuren, die völlig künstlich im Atelier entstehen und deren Formgebung zu einem großen Teil ein Resultat formaler Erwägungen ist, erhalten durch den griechischen Kontext etwas Notwendiges. Die flügelartigen Arme waren schon vorher da – so könnte man argumentieren – und haben nichts mit der griechischen Insel, sondern mit der Subjektivität des Malers zu tun. Dennoch scheint ihre Anwesenheit in der Bilderfamilie nicht beliebig. Damit hebeln die Bilder von Antiparos den Gegensatz von Zufall und Notwendigkeit, der für Pils' Werk charakteristisch ist, auf einer weiteren Ebene aus.

Tobias Pils wurde 1971 in Linz geboren und lebt und arbeitet in Wien. Seine jüngsten Einzelausstellungen fanden unter anderem statt im Josef Albers Museum, Bottrop, Deutschland (2017), Kunsthalle Krems, Krems an der Donau, Österreich (2017), Le Consortium, Dijon, Frankreich (zusammen mit Michael Williams) (2017), Chinati Foundation, John Chamberlain Building, Marfa USA (2016), Wiener Secession, Wien, Österreich (2013). Zu den jüngsten Gruppenausstellungen in größeren Museen gehören unter anderem „Open Studios”, ISCP, New York, USA (2014), ‚Faistauer Preis', Galerie im Traklhaus, Salzburg, Österreich (2011), „Tenda Gialla”, Pogon Jednistvo, Zagreb, Kroatien (2010), „4th Beijing International Art Biennale”, National Art Museum of China, Peking, China (2010).