Der griechische Künstler Apostolos Palavrakis zeigt in seiner neuen Einzelausstellung bei Beck & Eggeling eine Auswahl von Arbeiten, die chronologisch einen Bogen von der jüngsten Produktion bis zurück in die späten 1990er Jahre spannen. Palavrakis hat in diesen rund 20 Jahren seinen Stil entscheidend weiterentwickelt, den sinnlich-lyrischen Ansatz, den er in den 1990er Jahren verfolgte, zu einer klaren, formal fast strengen Sachlichkeit geführt, in der Struktur und Form der Vorzug vor der expressiven Geste und der mythischen Aura gegeben ist. Und doch vermag es Palavrakis, seinen Arbeiten ein dunkles Geheimnis zu verleihen, das sich dem Betrachter nie ganz ofenbart.

In der Ausstellung zeigt der Künstler nun Arbeiten der frühen und späteren Schafensphasen in einem gemeinsamen konzeptuellen Kontext. Auch wenn er sich bewusst dazu entschieden hat, die Vergangenheit mit der Gegenwart zu konfrontieren, zeichnet die Präsentation nicht die künstlerische Entwicklung nach, sondern verbindet die einzelnen Werke in der Gesamtheit zu einer neuen Entität, die sich erst aus dem Zusammenspiel der Arbeiten ergibt.

Im Mittelpunkt der Ausstellung stehen Skulpturen und Objekte aus den vergangenen sechs Jahren. Wie architektonische Modelle muten die Arbeiten Ur-Haus II / extension and collapse und Aggregat I / Element XIII – XVI an. Tatsächlich lässt Palavrakis, ausgebildet als Architekt, die Objekte aus Versatzstücken realer Architekturen entstehen. Die kühle Eleganz und Erhabenheit der Form verschleiern die Unmöglichkeit der Konstruktion zunächst, die sich den Naturgesetzen verweigert. Auch die verspiegelte Gasfasche des Module 94 und die mysteriöse Apparatur des Module 14 verweigern sich, in dem sie den Betrachter über ihre jeweilige Funktion im Ungewissen lassen. Die Gasfasche in der Glasvitrine weckt Begehrlichkeit, doch warum sie geschützt werden muss, ob sie beim Öfnen Unheil oder Segen bringt, verrät sie nicht. Ebenso wenig wie die Apparatur des Module 14 etwas über die Art des Systems verrät, das sie zu unterstützen scheint. The Fifth Element after Kazimir Malevich beschwört einen Schlüsselmoment der modernen Kunst herauf, doch bleibt dessen Vollendung der Imagination des Betrachters überlassen. Das magische Quadrat aus Licht, das die Leuchtstofröhren ergäben, bleibt segmentiert. Welche Kraft ginge von ihm aus, wäre es ein Ganzes? Die Serie von Zeichnungen aus dem Jahr 1997 wirkt wie ein chaotischer Kontrapunkt zur technischen Perfektion der Objekte. Reihen von Schriftzeichen, Buchstaben, Nummern auf den herausgetrennten Seiten eines Skizzenbuchs. Wie eine Geheimschrift, die sich der uns bekannten Zeichen bedient, doch ihren Inhalt nicht preisgibt. Darüber liegen, mal partiell, mal die Seiten fast ausfüllend, dicke Schichten von Graphit. Jede Möglichkeit, das Geheimnis vielleicht doch noch zu dechifrieren, für immer verloren unter undurchdringlicher Schwärze.

So hermetisch manche der Arbeiten von Palavrakis anmuten, sie öfnen doch weite assoziative Räume in die Geschichte der Kunst, der Architektur, (Geistes-)Wissenschaft und Technik. Zusammen verbinden sie eine mythische Vergangenheit, in der es nur den Fortschritt zu geben schien, mit unserer technokratischen Gegenwart, in der es uns erst seit kurzem dämmert, dass jede Errungenschaft des Menschen auch das Potenzial der Zerstörung und des Chaos in sich trägt. Allein, was bleibt uns?

Dem Titel der Ausstellung, Desire and Disaster, stellt Palavrakis die Zeile eines Rilke-Gedichts zur Seite. „Denn das Schöne ist nichts als des Schrecklichen Anfang, den wir noch grade ertragen, und wir bewundern es so, weil es gelassen verschmäht, uns zu zerstören.“ schreibt der Dichter gleich zu Beginn der ersten seiner Duineser Elegien. Schönheit existiert also nur im Angesicht des Schreckens. Palavrakis' Tableau, das er in Desire and Disaster entwirft, dampft die Vergeblichkeit, die aus diesen Zeilen spricht, zu diesem einen Moment ein, der die Unvereinbarkeit von Utopie und Dystopie, des Werden und des Kollaps nivelliert. Der Moment, den wir noch grade ertragen, in dem sich uns die Schönheit ofenbart.