Gerd Rohling (*1946) hat 1992, als Berlin sich durch den Mauerfall und die Wiedervereinigung in einem anarchischen Zustand des Umbruchs befand, auf einem Flohmarkt im Wedding, wo er lebt und arbeitet, eine brisante Installation geschaffen. Die ephemere Ausstellung (sie dauerte nur zwei Tage lang) mit rund 20 Arbeiten des Künstlers war im Sinn einer sozialen Skulptur im urbanen Raum aufgestellt – zwischen Imbiss, Toilettencontainer, Kirche und Spielsalon. Die Installationen lösten Fragen, Kommentare, Verwunderung und Diskussionen aus. Durch die für Rohling typische Verwendung von gebrauchten Alltagsmaterialien und die Präsentation im öffentlichen Raum wurde die Hemmschwelle des Sprechens über die Kunst herabgesetzt – ohne den Kunstcharakter der Werke zu mindern.

In der Ausstellung spielte der Kampfhund, der in den 1990er Jahren auf deutsch-deutschen Bürgersteigen allgegenwärtig, war eine besondere Rolle. Er trat bei der Aktion mehrfach auf, echt, gemalt oder in plastischer Form, und wirkte wie das Wahrzeichen einer speziellen, für die Zeit typischen Mentalität und Lebensweise. Kampfhunde gelten nicht nur im proletarisch geprägten Wedding als Symbol für Männlichkeit und Kraft, werden als Beschützer und Waffe benutzt, sind verhätschelte Lieblinge und überzüchtete Stadtneurotiker. Diese Mischung aus Projektion, libidinöser Zuwendung und Aggressivität, nutzte Rohling, um drei Jahre nach der politischen Wende von 1989 von deutsch-deutscher Befindlichkeit zu erzählen. Der Hund, der nach der Wurst springt, ist für Rohling ein Symbol für den existentiellen Kampf ums Überleben in der Gesellschaft, der jeden betrifft, gleich ob er einen Dönerimbiss oder ein Künstleratelier betreibt. Zeichen spielen in Gerd Rohlings Werken eine wichtige Rolle und in vielen Arbeiten reflektiert er auf die Kunst selbst und den Kunstbetrieb.

Erstmals wird Gerd Rohlings Intervention auf dem Berliner Flohmarkt der Wendezeit als künstlerische Arbeit in einem Museum gewürdigt und durch den Ausstellungskatalog vollständig dokumentiert und kunstwissenschaftlich kommentiert. Die architektonische Struktur des MdbK mit seinem Passagencharakter, den offenen Terrassen, Höfen und der optischen Verbindung in den Stadtraum eignet sich für die Re-Inszenierung besonders gut. Ergänzt wird die Ausstellung durch weitere Arbeiten Rohlings aus der gleichen Zeit.