ŻAK | BRANICKA ist hocherfreut mit der Ausstellung EXTENDED MEANING, die erste Einzelausstellung von Diogo Pimentão in der Galerie zu zeigen.

Ein Satz des britischen Anthropologen Tim Ingold ist wohl die beste Weise um Diogo Pimentãos Arbeiten zu beschreiben und zu verstehen: „Thinking through Making“ [Denken durch Handeln]. Pimentãos künstlerische Welt ist eng mit einem tiefen instinktiven Antrieb verknüpft, der das Bedürfnis mögliche Parameter und Grenzen auszudehnen mit einem intuitiven Sinn für Performance mischt. Es ist ein Tanz der Extreme. Seine Arbeit bestimmen die Proportionen seines eigenen Körpers, seine Größe und die Länge seiner Arme. Sein Sinn für Körperlichkeit ist auf seine Kindheit zurück zu führen. Er wuchs an Portugals Küste auf, wo er auf den Wellen surfte und von den Klippen sprang. Sein Rhythmus war der des Strandes wo man eher Skateboards sah als Bücher. Er zeichnete was er sah und fühlte. Letztlich führte ihn seine Intuition auf den Weg zur Kunsthochschule.

Pimentãos Stärke liegt in seiner Neugier und seiner tief gehenden Faszination von Materialität, im Besonderen der von Papier. Seine Konstruktionen liegen an der Grenze von Zeichnung und Skulptur. Auf den ersten Blick sehen diese minimalistischen Objekte aus, als seien sie aus gebogenem Metall, während sie tatsächlich aus gefaltetem Papier gefertigt sind. Seine Grafit-Oberflächen changieren im Licht – strahlend schimmern sie wie poliertes Blei. Pimentãos Werke trotzen allen Eigenschaften dessen was sie zu sein scheinen, sie werfen mehr Fragen auf als sie beantworten. Er selbst zieht keine bewusste Verbindung zur Moderne. Und doch, obwohl sie nicht seine vorrangige Disziplin ist, liegt die Sprache der Moderne in der gleichen Hemisphäre wie auch Pimentãos Denken. Seine Arbeiten erinnern an die Werke des isländischen Künstlers Kristján Guðmundsson aus den späten 1970er Jahren. Diese aus puren Grafitblöcken und Papierrollen in einer Donald-Judd-artigen Einfachheit konstruierten Objekte bezeichnete Guðmundsson als ‘Potential Drawings’. Pimentão aber geht noch einen Schritt weiter, denn sein Hauptaugenmerk ist nicht allein das Resultat seine Anstrengungen, sondern vielmehr der Prozess um das Ziel zu erreichen.

Die Anfertigung der Arbeit ist Teil des Werkes, eine Art Performance die die Unmittelbarkeit des Handelns einfängt. Pimentãos „Skulpturzeichnungen“ variieren in Größe, Form und Oberflächenbeschaffenheit. Einige haben die Eindringlichkeit einer Ölkreide Zeichnung von Richard Serra, während andere in ihre endgültige Form fallen wie eine von Robert Morris’ Filz-Skulpturen. In seinen jüngsten Arbeiten der Serie Untold (synthesis) von 2018, die bei ŻAK | BRANICKA zu sehen sind, erinnern große Papierkonstruktionen an Alan Charltons frühe minimalistische graue Malereien – beide nutzen ihre blockartigen Formen um den jeweiligen Raum zu erschaffen. Von einem leeren Blatt Papier ausgehend trägt Pimentão das Grafit auf indem er sein gesamtes Körpergewicht einsetzt bis wir mit einer glänzenden metallischen Oberfläche zurück gelassen sind, zerkratzt und verschrammt von der gesamten physischen Anstrengung die in sie hinein geflossen ist. Jeder Kratzer auf dem Papier erzählt die Geschichte einer bestimmten Handlung, mit einer einzelnen Geste verknüpft; zusammen genommen sind die Bewegungen, die diese Spuren hervorgerufen haben, wie eine Performance die der Künstler in seinem Studio ausgeführt hat.

Eine weitere neue Richtung von Pimentão ist eine Installation seiner neuen Serie mit dem Titel … (program) 2018, die aus handgeformten kleinen skulpturalen Beton- und Grafit-Objekten besteht, in die der Künstler Buchstaben und Symbole geritzt hat, die aus den Schulnotizen von Kindern stammen. Es gibt eine alte nordische Tradition in der gefundene Objekte wie Steine, oder Holzstücke als Energieträger und Talismane genutzt werden. Der Träger schnitzt eine Markierung hinein und hinterlässt eine Spur darauf. Mit der Zeit wechseln diese mystischen Objekte immer wieder ihren Besitzer, sie werden immer an denjenigen weiter gegeben, der sie am dringendsten braucht. Traditionell haben diese Objekte ihre eigenen Geschichten, wie ein Patchwork-Quilt geschaffen aus all jenen, die ihn getragen haben. In Hosen- oder Handtaschen mitgeführt, nutzen sich diese beschützenden Amulette mit der Zeit ab: die Ecken werden runder, die Oberfläche von den Berührungen der Finger geölt. Sie scheinen weitaus schwerer als sie sind, da ein Lebensstein das ist, worauf wir unsere Hoffnungen bauen.

Pimentão ist ein Geschichtenerzähler: Inspiriert vom Rhythmus und durch Performance verstärkt, ist sein Schaffensprozess ein Tanz der sich zu gleichen Teilen aus der Begeisterung des Schaffens wie dem Austesten der Grenzen des benutzten Materials zusammensetzt. Diogo Pimentão (born in1973 in Lisbon) lives and works in London. His work was shown at Centrale for Contemporary Art in Brussels (2018), , Kentler International Drawing Space, Brooklyn NY the Museu Grão Vasco in Viseu (2016), the Palais des BeauxArts in Paris (2015), the Museu de Arte Contemporânea - Colecção António Cachola in Elvas, Portugal (2015), the IMMA (Irish Museum of Modern Art) in Dublin (2015), the MAMAC in Nice (2012) and the Centre d’Art Contemporain de la Ferme du Buisson in Noisiel, France (2011), among others. His works are represented in the collections of institutions such as the Collection Lambert in Avignon, the Centre Georges Pompidou in Paris, the Pomeranz Collection in Vienna, the Portugal Telecom Foundation in Lisbon or the Fonds National d’art contemporain in Paris.