Dunkelheit kann vieles sein. In erster Linie ist sie ein physikalisches Phänomen, die Abwesenheit von Licht. Im Hinblick auf die menschliche Psyche aber weckt sie zahlreiche Assoziationen: Wir verbinden sie mit dem Unbewussten, dem Abgründigen, mit Gefühlen der Angst und Unsicherheit; als Metapher steht sie im Wesentlichen für das Unheimliche, das Mystische, den Tod. Dass Dunkelheit aber auch eine neue Sichtweise auf etwas Vorhandenes bewirken und ein Ausloten des Wahrnehmbaren bedeuten kann, zeigt die dänische Künstlerin Kirstine Roepstorff (*1972 in Virum, lebt und arbeitet in Kopenhagen) im Sommer 2019 im Museum Haus Konstruktiv.

Roepstorff setzt sich seit mehreren Jahren mit der Dunkelheit und deren Bedeutungen auseinander. Basierend auf der Beobachtung, dass wir in einer Welt leben, in der Licht – sei es natürliches oder künstliches – als Zeichen absoluter Wahrheit gepriesen wird, während die Dunkelheit vornehmlich negativ konnotiert ist, interessiert sich Roepstorff für das versteckte sinnliche Potenzial der Dunkelheit. In Anlehnung an ihre grosse Einzelausstellung in der Kunsthal Charlottenborg in Kopenhagen 2018 präsentieren wir eine ebenso immersive wie herausfordernde Soloschau, die sich über einen Ausstellungsraum im dritten sowie über sämtliche Räume im vierten Stock erstrecken wird.

Als eine Reise durch die Dunkelheit angelegt, lädt Roepstorff das Publikum auf einem ausgeklügelten Pfad dazu ein, eine gebaute, scheinbar karge Landschaft aus Kies und Betonelementen zu erkunden, in der es eine Vielzahl von ausgewählten Werken der Künstlerin zu entdecken gibt, darunter Mobiles aus Messing oder grossformatige Malereien mit wässrig-wolkigem Farbauftrag. Indem Materialien und Formen, Zeit und Landschaft miteinander verschmelzen, werden in Roepstorffs Gesamtinstallation räumliche Begrenzungen aufgelöst, sodass letztlich sogar die vermeintlich bekannten Räumlichkeiten des Museums, obschon in Dunkelheit gehüllt, in einem neuen Licht erscheinen.