Die Ausstellung bringt die Arbeiten von zwei Künstlern zusammen, die in zwei verschiedenen Medien arbeiten: Malereien von Lucas Reiner und Skulpturen von Johannes Esper. Das Werk beider Künstler ist durch die tiefgehende Auseinandersetzung mit ihrem spezifischen Material geprägt. Beide verwenden eine reduzierte und gedämpfte Palette um zu rohen, aber subtil strukturierten Arbeiten von poetischer Qualität zu gelangen.

Johannes Espers Arbeit konzentriert sich in den letzten Jahren auf handgeformte Skulpturen und Wandobjekte aus Steinzeug, einer spezifischen Tonart, die er auf hohen Temperaturen in einem industriellen Ofen brennen lässt. Die neuen Skulpturen in der Ausstellung zeichnen sich durch ihre elegante nüchterne Sachlichkeit und die Ökonomie der Mittel aus. Einige zeigen Bezüge zu Bruce Naumans frühen Skulpturen oder scheinen wie spielerische Versionen von Carl Andres Stapeln. Die bewusst unbetitelten Arbeiten basieren vornehmlich auf einem einfachen, unregelmäßig rechteckigem Stück Ton, welches Esper stapelt, aneinanderreiht, faltet, reißt oder schneidet, um zu einer komplexen Form zu gelangen. Durch Handabdrücke, Überreste von Sand sowie die Farbveränderungen durch das Brennen erhalten die Oberflächen eine nuancierte und reiche Strukturierung.

Esper arbeitet mit einem hoch aufgeladenen Medium, welches als eines der ältesten gilt und zwischen funktionellen und künstlerischen Zweckzuschreibungen changiert. Er vermeidet sorgfältig offensichtliche Bezüge zur Tradition und fordert unsere herkömmliche Herangehensweise heraus, Dinge zu interpretieren. Seine Skulpturen könnten prähistorische rituelle Artefakte sein, antike Backsteine oder versteinerter Teig, japanische Wandobjekte oder einfach Überreste aus einem Brennofen. Sie sind all dies und auch nicht, und offenbaren Kunst als ein arbiträres System von Codes und Zeichen. Dies wird bei Arbeiten, die durch ihr Material scheinbar fest in der Menschheitsgeschichte verwurzelt sind, zu einer produktiven Spannung. Sie verdeutlicht unser Involviert-Sein in den komplexen Prozess der „Erzeugung“ des Kunstwerks; das was Arthur C. Danto auch die „Verklärung des Gewöhnlichen“ nannte.

Lucas Reiners neueste Serie von Malereien umfasst großformatige monochrome Bilder sowie kleinere Arbeiten, die einzelne Bäume aus dem Stadtraum portraitieren. Die Oberfläche jedes einzelnen Werks bewahrt die individuelle Geschichte des Malprozesses anhand von Materialspuren. Diese Veränderungen, Tilgungen, Farbschichtungen und Formanpassungen machen künstlerische Entscheidungen, und damit auch Aspekte des konzeptionellen Prozesses auf der sichtbaren Ebene nachvollziehbar.

Mit dem Titel „Himmelsleiter“, den Reiner bewusst im Deutschen verwendet, weil die Sprache nicht zwischen dem irdischen und dem göttlichen Himmel unterscheidet, bezieht sich die Serie auf die Ikonografie der Himmels-, oder Jakobsleiter. Sie verbindet Himmel und Erde und ermöglicht das Vor- und Zurückwandern zwischen verschiedenen Bereichen wie dem Irdischen und dem Transzendenten. Reiners großformatige, monochrome Bilder gehen auf seine Faszination für den grauen Himmel Berlins zurück, und erscheinen auf den ersten Blick undurchsichtig wie ein Vorhang. Bei genauerem Hinsehen kommen subtile Modulationen von Farbtönen und Texturen zum Vorschein, die den Eindruck unermesslicher Tiefe vermitteln. Die dichten, kleinformatigen Temperabilder zeigen gekappte Bäume, die Reiner in der Heimatstadt seines Großvaters, Czernowitz in der Westukraine entdeckte. Diese erinnerten ihn auf überraschende und unheimliche Weise an die typischen radikal gekürzten Bäume von Los Angeles, welche das Thema einer früheren, umfassenden Werkgruppe waren. Die Beziehung zwischen figürlichem Vordergrund und monochromem Hintergrund, die für die neuen Arbeiten zentral ist, reflektiert Reiners Impuls die introspektive und die beobachtende Sicht, das Subjektive und das Objektive anzugleichen. Jenseits ihrer ästhetischen Qualität, eröffnen Reiners Gemälde einen offenen, kontemplativen Raum, der einlädt eine erweiterte emphatische Weltsicht anzunehmen.

Johannes Esper wurde 1971 in Cochem an der Mosel geboren und lebt und arbeitet in Karlsruhe. Seine Skulpturen sind in namhaften Galerien und Institutionen in Deutschland und Europa ausgestellt worden und sind in privaten und Museumssammlungen zu finden. So waren seine Arbeiten unter anderem in folgenden Institutionen zu sehen: Kunsthalle Baselland (2017), Wilhelm-Hack Museum Ludwigshafen (2013), Museum Wiesbaden (2009) und Bundeskunsthalle Bonn (2005). Lucas Reiner wurde 1960 in Los Angeles geboren, California und lebt und arbeitet in Los Angeles und Berlin. Reiners Werke wurden in den USA und international ausgestellt und sind Teil öffentlicher und privater Sammlungen, unter anderem in der Sammlung Colección Jumex, Mexiko City, Diözesanmuseum, Freising, Santa Barbara Museum of Art, Kalifornien, Staatliche Graphische Sammlung München. Eine Monographie seiner Gemälde mit dem Titel „Los Angeles Trees“ wurde 2009 herausgegeben.