Gallery Dittrich & Schlechtriem freuen sich, mit AZURE die erste Einzelausstellung des italienischen Künstlers Alfredo Aceto (geb. 1991, Turin, IT / lebt und arbeitet in Lausanne, CH) in Berlin zu zeigen. In der Schau entwickelt Aceto seinen Versuch weiter, hybride Räume zu schaffen, in denen er Objekte in einem symbolischen Dialog über Fragen der Skulptur und Erzählformen inszeniert. Für Azure hat Aceto eine neue Gruppe von Objekten kreiert, deren Form sich von Autoteilen, Schmuck, Logos, einem Hydranten oder einem Arm mit einem Füllfederhalter herleitet. Auf den Boden gestellt, auf niedrigen Sockeln, an der Wand hängend oder in den Raum hineinragend bilden sie eine genau austarierte Konstellation in der Galerie, die klassische Museums-präsentationen nachahmt, während die Objekte selbst fantastische Annäherungen an die Originale darstellen. In ihrer übersättigten Farbgebung, homogenen Ober- flächenstruktur und formalen Reduktion erinnern sie an eine beinahe digitale Welt.

„Alfredo Aceto stellt Vektoren, die ein Ding und eine Identität bestimmen, auf die Probe. Sein Interesse am Wesen des Objekts lässt ihn seine Eigenschaften erkunden, um es dann neu zu denken, ihm eine Form zu geben, die seine narrativen Potenziale erweitert.

Der Azure ist ein Cabrio der Automarke Bentley, das dem Fahrer und seinen Beifahrern ein Panoramaerlebnis bieten soll. Ziel bei der Gestaltung des Luxusautomobils, dessen Name an die Farben und Atmosphäre der französischen Riviera (auf Italienisch „Costa Azzurra“ oder „himmelblaue Küste“ genannt) erinnern soll, war eine Steigerung des visuellen Genusses einer Fahrt entlang der Küste, den imaginären Bahnen von Horizont und Straße folgend. In den fließenden Kurven der Karosserie schwingen die Uferlinie und die Umrisse der Felsvorsprünge nach. Der Azure ist selbst ein Horizont, dessen Verdeck wegklappbar ist, sodass der Wagen sich onisch in den Küstenverlauf einfügt als die Linie, an der das Aroma und die Sinnesreize einer Farbe in die Töne einer authentischen Landschaft übergehen.

Genauso ahmen die Auspufftöpfe (Echinoidea, 2018, und Olive Sea Snake Digesting a Watermelon, 2018) mit ihren Oberflächen die einnehmende Beschaffenheit eines Automobils nach, ohne von dessen Ökosystem mehr als eine äußerst technische Rolle zu verändern. Durch diese Parodie ihres Status erlangen die Skulpturen die Freiheit einer literarischen Figur, die ihre Unzulänglichkeiten in eine neue erzählerische Form zu verwandeln in der Lage ist. In Juste un Clou Rose (2018) sinnt Aceto über die Gestalt eines mit Konnotationen befrachteten Gegenstands, hier eines Rings von Cartier, nach, indem er seine Farbe und Größe verändert, um eine Neutralität der Form bar aller offenkundigen ästhetischen Bezüge auf die Schmuckindustrie zu erreichen. In diesem Prozess der Entfernung von Einzelheiten entdeckt das Objekt in der Skulptur sich als etwas Neues, das von den Bestimmungen befreit ist, die es sonst auf einen einzigen produktiven, historischen und geografischen Zusammenhang festlegen. Die Form eines umgebogenen Nagels kann für eine andere Kultur zu einem Amulett werden. Ein Auspufftopf kann sich in das Bildnis einer Seeschlange verwandeln, die eine Wassermelone verdaut.

Zur Konstellation scheuer und untüchtiger Objekte gehören auch Gutter-Hydrant (2018), ein Gebilde, das halb Regenrinne, halb Hydrant ist und nun die Züge eines Wassertiers trägt, und Pen with an Arm (2018), ein Arm-Füller, der als Straßenschild dient. Aceto hat sie als Zeigegesten gestaltet, die den Blick des Betrachters lenken. In ihren doppelten und dreifachen Identitäten operieren diese Arbeiten als „Chimären“, die, obwohl unbeholfen und grotesk, eine Gegen-Erzählung und ein alternatives Modell des Einsatzes von Raum und der Betrachtung und Deutung von Objekten entfalten.“

Alfredo Aceto ist Professor an der ECAL, Schweiz, wo er 2014 seine Ausbildung abschloss. Danach besuchte er 2016 die MSA^ Mountain School of Art in Los Angeles, USA.

Acetos Kunst wurde international in Paris, Kopenhagen, Rom, Brüssel und in der Schweiz gezeigt. Eine Einzelausstellung im Instituto Svizzero in Mailand ist für den Februar 2019 geplant. 2018 war er für die Swiss Art Awards in Basel nominiert. Werke von Aceto waren 2017 in unserer Gruppenausstellung AS IF WE NEVER SAID GOODBYE in Berlin zu sehen.