Thomas Taube ist Videokünstler. In seinen Werken entbindet er das Medium Film allerdings von seiner linearen und stringent narrativen Struktur. Mittels Mehrkanalinstallation, assoziativen, reflektierenden und surrealen Sequenzen arbeitet Taube den konventionellen kinematographischen Codes entgegen. Durch die Aufhebung der Unmittelbarkeit des Mediums durch episierende Elemente und diskontinuierliche Montage werden bekannte Sujets (die Nacht) wie abstrakte Strukturen (das Erzählen) einerseits veranschaulicht, andererseits erreicht Taube auf diese Weise die Ausdifferenzierung von Sehen, Beobachten, Erleben und Reflexion.

In »Dark Matters« (2015) nähert sich Taube dem abseitigen Zustand Nacht, indem er Nacht-Erfahrungen sammelt und atmosphärisch verdichtet. Dafür wurden Interviews mit Nachtwächtern weltweit geführt über deren Selbst- und Fremdbeobachtungen in dieser Abwesenheit, in der sie sich eingerichtet haben. Entstanden ist ein Pool an Erfahrungen über die Nacht als Zustand, als Schutzraum oder Gefahrenzone und über die Dunkelheit. Taube gelingt es, diese individuellen Antworten auf das Nachtempfinden hin zu destillieren, in einfache wie befremdliche Bilder zu übersetzen und im Spiel eines einzigen Protagonisten sprachlich zusammenzufassen. Der daraus entwickelte Charakter ist eine hybride, nicht zu fassende Persönlichkeit. Der Sog der Dunkelheit und Einsamkeit zieht alles in den Bann von Selbstbeobachtung und Übersteigerung. Der Film spielt eine Nachterfahrung aus, die jenseits der konventionellen oder mystischen Begegnung mit der Schattenwelt liegt. Die Nacht wird zum Zustand der Figur, die Dunkelheiten haben sie durchdrungen und bilden sich im Wesen des isolierten Protagonisten ab.

In »Narration« (2016) widmet sich Taube den Aspekten des Erzählens. Als vertraute sprachliche Mitteilungsform unterliegt es als alte Kulturtechnik spannenden Veränderungen und als Kommunikationsmodell ist es so vielseitig wie seine Themen. In sechs zueinander in Beziehung stehende Komplexe unterteilt – Setting, Situation, Narrator, Approach, Past, Construct – handelt »Narration« von den Elementen des Erzählens. Wörtlich, bildhaft und atmosphärisch sind narrative Strukturen vorhanden. Ausgeführt sind sie am Anblick entfernter Orte, an sozialen, politischen, alltäglichen und emotionalen Themen. Um sie bewusst zu machen, werden die kontemplativen Sehgewohnheiten immer wieder unterbrochen und reflektiert. Um Simultanität und Verschränkung erlebbar zu machen, präsentiert Taube sein Werk einerseits parallel auf 6-Kanälen und veranschaulicht die Suggestion von erzählender Bild-Montage ebenso wie die singuläre Kraft von Sinn-Bildern oder konträr gefügte auditive und visuelle Codes. Andererseits existiert eine einspurige Variante in linearer Konzeption, die das Zusammendenken der einzelnen Aspekte forciert und überdies zeigen kann, dass das Erzählen als Grundrauschen unserer Zeit nie aufhört.