DITTRICH & SCHLECHTRIEM freuen sich, mit Yellow Skirt die erste europäische Einzelausstellung der israelischen Künstlerin Fatma Shanan (geb. 1986 in Julis, IL / Lebt und arbeitet in Julis) zu zeigen. In ihren neuen, für die Ausstellung geschaffenen figurativ-abstrakten Ölgemälden arrangiert die Künstlerin komplexe Beziehungen zwischen Körpern und Räumen. In drei großformatigen und mehreren kleinformatigen Bildern sind Frauenfiguren, die Shanan als Repräsentationen ihrer selbst beschreibt, in verschiedenen Räumlichkeiten zu sehen: auf dem Rücken liegend, über einem Teppich schwebend, vorgebeugt vor einem großen Fensteroder mitten in einem offenen, grünen Feld. Die Teppiche sind in ihren Kompositionen nicht nur lebendige Farbzentren und eine Referenz an die Kultur der Drusen, in der sie aufgewachsen ist, sondern funktionieren vor allem als Territorien im Bild und Vermittler zwischen Körpern und Architektur.

Shanans Werke werfen Fragen zur Bedeutung bestimmter Orte und unserem Verhältnis zu ihnen und uns selbst auf und sprengen die Grenzen von Identität und körperlicher Gegenwart im Raum. Wie die Künstlerin in Doron J. Luries The Carpet as Heterotopia: In Conversation with Fatma Shanan beschreibt: „In meinen Bildern gibt es stets einen Ort, stets eine Umwelt und stets eine Untersuchung der Verhältnisse zwischen Mensch und Raum. (…) Jeder Ort bringt neue Herausforderungen mit sich, aber grundlegend geht es um den Charakter des Raums und die neue Energie, die er meinen wiederkehrenden Themen mitteilt. Wenn man den Ort wechselt, sei es durch einen Umzug, sei es, weil man seine Heimat verlässt, dann konfrontiert das neue Umfeld einen mit den eigenen Wurzeln – genauer mit der Frage, wie der Ort, in dem man verwurzelt ist, sich räumlich manifestiert.“

Shanans Figuren befinden sich in einem Zustand der Entfremdung von ihrer Umgebung, die nie eindeutig wird. Sind sie in tiefen Schlaf gefallen oder in eine Art Trance, ist es eine Form des inneren Widerstandes gegen den zudringlichen Blick des Betrachters oder eine friedliche, meditative Koexistenz mit dem Bildraum? Der Körper der Künstlerin ist in ihren Bildern erstarrt und passiv, aber nie kontextlos. Die klassische Portrait-Differenz zwischen Figur und Hintergrund wird ausgehebelt, weil der Körper nicht ohne seine Umgebung gedacht werden kann.

Bei den Werken der Ausstellung YELLOW SKIRT funktioniert diese Verschmelzung von Körper und Umwelt immer wieder über Textilien. Die Teppiche scheinen mit ihrer Idee von „color as place“die Figuren in den Raum auszudehnen, bis keine klaren Konturen mehr auszumachen sind. Der titelgebende gelbe Rock in „Yellow Skirt and Pink Flower“ (2019) entwickelt mit seinen dynamischen Linien ein Eigenleben, wird selbst zur kantig voluminösen Skulptur, die genau die Bewegung in das Gemälde bringt, die der liegende Körper verweigert. Im skizzenhaften „Floral Stocking“ (2017) zeigt sich die Faszination der Künstlerin für abstrakte Farbfeldmalerei besonders deutlich.

In „Floating Self“ (2019) überwindet Shanans Malerei die physikalischen Gesetze und lässt die Idee der Loslösung ins surrealistische kippen. Entgegen dem Klischee vom fliegenden Teppich als Transportvehikel durch Raum und Zeit hebt hier der Körper der Liegenden vom Boden ab und schwebt kerzengerade und scheinbar ungerührt in einem puppenstubenhaften Zimmer. Es ist ein Ausbruch, der rein geistig geschieht, ohne Trümmer oder körperliche Kraft. Als ob diese ungezogene Überlistung von Schwerkraft den Raum selbst zerlegt, scheint sich im Vordergrund des Gemäldes der Boden zu öffnen.

Auf ihrem Selbstportrait „Green Window“ (2018/19) dominiert ein großes Fenster, das den Blick auf ein pflanzenüberwuchertes Außen in verschiedenen Grüntönen erlaubt. Die vornübergebeugte Frauenfigur, die ihr Gesicht versteckt, verschwindet fast am unteren Bildrand. In „Field“ (2019) taucht dieser winzige, skulpturhafte Körper der Künstlerin in gleicher Haltung in einem freien Feld auf. Doch die Öffnung des Raumes mit Blick bis zum Horizont bedeutet in Fatma Shanans Kunst noch lange keine Öffnung der gemalten Körper. Die Kompositionen der Künstlerin handeln vom In-der-Welt-Sein und der performativen Idee, sich physisch und geistig einen Platz zu schaffen.

Der Ausschnitt stammt aus einem Aufsatz, den Saskia Trebing für den Ausstellungskatalog beigesteuert hat, der ab März 2019 über die Galerie zu beziehen ist. Für weitere Informationen zur Künstlerin und den Werken sowie Bildanfragen wenden Sie sich bitte an Johanne Kristensen, johanne(at)dittrich-schlechtriem.com.

Fatma Shanan studierte bei Eli Shamir und am Oranim Academic College in Israel. Arbeiten von Shanan waren 2018 in der Gruppenausstellung ONLY THROUGH TIME TIME IS CONQUERED zu sehen. Shanan hat zahlreiche Stipendien erhalten und wurde 2016 mit dem Haim-Schiff-Preis des Tel Aviv Museum of Art ausgezeichnet. Anlässlich des Preises präsentierte das Museum 2017 eine umfassende Einzelausstellung mit Shanans Werken. Der vom Museum herausgegebene Ausstellungskatalog ist ebenfalls über die Galerie zu beziehen.