Mit seinen Bildern und Skulpturen bewegt sich Stefan Thelen, besser bekannt als Super A, auf dem manchmal schmalen Grat zwischen Fakt und Fiktion und erforscht im Rahmen der Serie „Trapped“ die Wirklichkeit hinter den fantasievollen Ikonen der Popkultur, indem er in gewisser Weise zu ihrem Kern durchdringt; Tweety, Schneewittchen und Co. zerfallen in eine Spirale aus bunten Bändern und enthüllen ihre naturalistischen Vorbilder. Die Dekonstruktion der leichtverdaulichen Cartoons führt uns vor Augen, dass wir häufig einen verklärten Blick über die meist komplizierteren Umstände der Realität schweifen lassen.

In surrealistischer Tradition provoziert Thelen mit der Verfremdung angenommener Tatsachen, seziert bekannte Zeichentrickfiguren und lässt uns den weniger verspielten Ursprung hinter diesen mittlerweile zur Wahrheit gewordenen Mythen entdecken, deren naive Leichtigkeit unsere Kultur prägen – das „heile Welt Lächeln“ der Mickey Mouse oder des Ronald McDonalds wird so durch das das haarige Antlitz einer lebensechten Maus oder einen traurigen Pierrot erschüttert. Doch nicht nur in der Welt des Films lassen wir uns von lieb gewonnenen Vorstellungen leiten: „Heutzutage sind die dominantesten Mythen, die wir wie eine warme Decke der Wahrheit ergriffen haben, Freiheit, Besitz und Individualismus. Wir neigen dazu, diese als absolute objektive Wahrheiten zu betrachten […].“ Thelen stellt die Frage, ob wir nicht gefangen seien in dieser gemütlichen Realität und ob wir trotz der Gemütlichkeit wagen sollten, daraus auszubrechen.

Wir leben in einer Zeit voller Oberflächlichkeit, überflutet von schönen Bildern, die eine bessere Version des Lebens präsentieren und uns entweder in unserer mittelmäßigen Realität resigniert stehen lassen oder uns dazu animieren, selber eine Rolle auf diesem Maskenball zu spielen und die Nüchternheit des Alltags durch ostentative Gesten von Optimismus, Genuss und Luxus zu überstrahlen. Die Bilderserie „Trapped“ bietet uns die Gelegenheit für einen Moment aus unserer Rolle herauszutreten und zu beobachten, wie aus Film und Werbung bekannte Subjekte hinter ihrer überzeichneten Hochglanzhülle als verletzliche Wesen erkennbar werden. Wie ein bunter Wirbel, Sinnbild der medialen Bilderflut, verschleiern Bänder in Gestalt der allzu bekannten Charaktere das eigentliche Geschöpf, was im Vergleich zu seiner aufgeblähten Projektionsfläche dahinter meist etwas verkümmert wirkt und selbst nur mit verdeckter Sicht die Welt um sich herum wahrnehmen kann.

Solch eine Hülle erfüllt mehrerlei Funktionen: Sie kann verschleiern, Schwächen verdecken und somit als Rüstung dienen; sie kann aber auch behindern, den Blick oder die Gedanken versperren und durch die Distanz, die sie aufbaut, innerlich vereinsamen lassen. Thelen lässt offen, wie wir seine Werke lesen sollen, als Ermutigung die Hüllen fallen zu lassen oder aktiv an der Konstruktion einer von spezifischen Attributen umsäumte Fassade mitzuwirken, wie er sie im Ansatz auch selber mit seinem Alias Super A geschaffen hat.

Allerdings können die Werke der Serie „Trapped“ auch als Anregung dienen, allgemein einen Blick hinter die Oberfläche zu wagen und vermeintliche Wahrheiten zu hinterfragen, die in Zeiten von Fake News, überzeichneten Social Media Profilen oder Framing in vielen Lebensbereichen aufwarten, und fügen sich somit vielseitig in einen zeitkritischen Diskurs ein.