Von Habib Farajabadis Arbeiten geht eine spezielle Anziehungskraft aus. Auf den ersten Blick können seine hier ausgestellten Gemälde aufgrund ihrer formalen, technischen Ähnlichkeit einförmig oder „monoton“ wirken. Jedoch liegt ihnen eine tiefe, praktische Raffinesse und Expertise zugrunde, die ihre Erforschung mit dem Auge einfordert. Ihre scheinbare Monotonie fordert dazu heraus, durchbrochen zu werden. So fällt es schwer, seinen Gemälden gegenüberzutreten, ohne sie genauer unter die Lupe nehmen und ihre teils wirren Strukturen bis in die Tiefe ergründen zu wollen. Beim Versuch, die Linienführung darin zu verfolgen und zu entschlüsseln, tauchen dann ganz plötzlich Figuren, Schuhabdrücke oder Verschlingungen von unentschlüsselbaren Schriftzeichen auf. Sie changieren zwischen sich herauskristallisierenden, unbekannten Hieroglyphen und Formen, die mehr oder weniger nachdrücklich einen symbolischen, aber unbekannten Gehalt zu vermitteln suchen. Farajabadis Bilder sprechen – jedoch in einer fremden, doch irgendwie auch vertrauten und universalen Sprache. In gewisser Weise erinnern die undefinierbaren Strukturen darauf an die Kritzeleien, denen man in U-Bahnhöfen, an Haltestellen oder auf Parkbänken, teilweise auf brutale Weise ins Holz oder in den Lack geritzt, begegnen kann. Ihre Formensprache ist quasi universal, jeder kennt sie, hat sie auf verschwommene Art eingebrannt ins Bildgedächtnis. Doch ihre Bedeutung bleibt – wie wahrscheinlich auch ihren Machern – unbekannt. Sie werden zu Spuren, die die Materialität oder den Akt ihres Entstehens vor ein mögliches Dargestelltes stellen.

Schließlich ist es das Abstrakte, was sich zum prägenden Element in Farajabadis Kunst entwickelt hat. Dabei geht es nicht um das Abstrahieren von den uns umgebenden Realitäten oder Bildern, sondern um das von Grund auf abstrakte Arbeiten aus einem unterbewussten Impuls und dem vorhandenen Werkzeug heraus. Dies entspringt einer praktischen Reife und einem alles aufsaugenden Bildgedächtnis, die Farajabadi beide als Autodidakt aus dem ständigen Umgang und Experimentieren mit Formen, Linien, Farben und Werkstoffen entwickelt hat. Damit wird die Werkstattpraxis als Gesamtes konstitutiv für das Werk und äußert sich darin mit all ihren materiellen und immateriellen Prozessen. Auf diese Weise steigert sich, ähnlich der Straßenkritzeleien, das Erleben und Erfahren des vorangegangenen künstlerischen Arbeitsprozesses im Bild. Die künstlerische Praxis wird zu ihrem eigenen Thema.

Indem er außerdem nur wenig verschiedene Farben verwendet, entfaltet die Materialität der Farbe selbst ihre ganz eigene Qualität. Die Aufmerksamkeit wendet sich so mehr der Beschaffenheit des Werks zu, wodurch die Oberfläche ihren besonderen Reiz erhält. Dies gilt für die Gemälde sowie auch die Plastiken des Künstlers. Zwischen ihnen bilden sich aber nicht nur diese farbmateriellen, sondern auch formale Korrespondenzen aus. Denn auf unterschiedliche Weise zehren beide noch so verschiedenen Kunstformen bei Farajabadi vom ihn umgebenden Raum, indem sie sich aus Eindrücken von Stadt, Graffiti, Postern, Büchern und Kunst speisen oder auf direkterem Wege gefundenem Material entspringen. Dies alles – seine Arbeitsprozesse und die ihn beeinflussenden Bilder – macht Farajabadi darüber hinaus über die social media Plattform instagram zugänglich und nachvollziehbar. Dort dokumentiert und teilt er seine Kunstpraxis und nutzt die grenzüberschreitende Vernetzung, um sich als Iraner der Welt öffnen und sie sich im Gegenzug in einem breiteren Spektrum aneignen zu können.