Mit der Ausstellung Lob des Lernens präsentiert Joe Fyfe seine neueste Werkgruppe in der Galerie Christian Lethert. Die Entdeckung von Berthold Brechts Poesie inspirierte den New Yorker Künstler, Textfragmente in seine Arbeiten zu integrieren und so poetische Stoffcollagen zu schaffen.

Ich bin in einer Bibliothek zufällig auf Brechts Gedichte gestoßen. Ich hatte kurz zuvor eine Gruppe von Arbeiten ausgestellt, für die ich Bildgedichte von Guillaume Apollinaire in französischer Sprache auf die Leinwände malte. Es war daher ein natürlicher Prozess zu Brecht überzugehen, auch wenn ich die Gedichte im Gegensatz zu denen von Apollinaire selbst typographisch anordnen musste. Ich hatte erst seit kurzem begonnen, handgemalte Texte in meine Werke einzubauen, als ich mich während der Arbeit an eine Situation erinnerte: Ich saß früh am Morgen im Restaurant des Hotel Chelsea in Köln und trank Kaffee, als mir zwei Kölner an der Bar auffielen, die offensichtlich die ganze Nacht gefeiert hatten. Einer von ihnen rezitierte immer wieder lautstark einen Satz auf Englisch, den er offensichtlich nicht verstand. Ich glaube, er mochte einfach den Klang. Heute betrachte ich dieses Erlebnis als wichtigste Voraussetzung für die neuen Bilder. Als typischer Amerikaner spreche ich weder Französisch noch Deutsch, aber da ich ein abstrakter Maler bin, haben die T exte, als ich sie malte, einen abstrakten Zustand angenommen, weil ich vergessen hatte, was sie bedeuten. Obwohl ich nur Gedichte benutzte, die mir gefielen, nachdem ich sie in der Übersetzung gelesen hatte. Was mich an Brecht unter anderem ansprach, war seine Konkretheit und seine Beschäftigung mit der Form sowie seine politischen Ansichten. Neben Baudelaire erscheint er mir heute als wichtigste künstlerische Bezugsfigur. Mein Antrieb war immer, das Bild an seine Grenzen zu bringen. Ich war mit seiner Körperlichkeit beschäftigt und habe versucht, diese mit einer Reihe von Materialien auszuloten. Ich habe das Gefühl, die Malerei langsam von innen heraus zu verstehen und versuche Werke zu schaffen, die ausbrechen oder zumindest die Tür öffnen zu einer Welt außerhalb der Malerei. Die Materialien, die zerschnittenen Banner aus Asien und anderen Ländern, die jüngste Verwendung von poetischen T exten sind also autobiographisch, aber das ist auch nebensächlich, denn sie sind willkürlich: Es sind Dinge in meinem Leben, die bequem zur Hand sind, so dass es keinen Grund zu geben scheint, sie nicht in Werken darzustellen. Das bedeutet, dass die Tatsache des Bildes als Gemälde für mich wichtiger ist als das eigentliche Thema. Aber ich lese weiterhin gerne Brecht, wie u.a. das Gedicht Lob des Lernens.

Joe Fyfe, 1952 in New York City, USA geboren, lebt in New York. Er stellt seine Werke international aus und veröffentlicht seit zwanzig Jahren intensiv Kunstkritiken und Essays. Im Jahr 2015 wurde ihm der New York City Artadia Award verliehen.

Vom 15. bis 17. November sind wir erneut auf der Art Düsseldorf vertreten und vom 05. bis 08. Dezember auf der NADA Miami. Darüber hinaus freuen wir uns, am 31. Januar 2020 das neue Jahr mit einer Gruppenausstellung zu eröffnen.