Alles ist flüssig. Der Raum, die Farbe, die Formen, die Inhalte, die Assoziationen, der Künstler, alles unterliegt dem heraklitischen Aphorismus. Entsprechend wird KOENIG2 durch die Installation des in Berlin lebenden und arbeitenden, österreichischen Künstlers Manfred Peckl (*1968 in Wels) in eine Welt verwandelt, die (T)Raum, Realität und Wunsch untrennbar vereint. Es ist eine künstlich geschaffene Projektion von wilder, alles verschlingender Natur, jedoch vollkommen konträr zu realistischen oder figurativen Ansätzen: Manfred Peckl thematisiert das zwei-, drei- und mehrdimensionale Eindringen von Ideen und Bedürfnissen über den Weg der Farbe.

Ausgangs- und Mittelpunkt sowie erdender Beginn ist die titelgebende Sprachskulptur „earth“. Das in sich verschlungene Wort öffnet sich ohne Interpunktion oder Markierung multiplen Lesarten, die von „heart“ über „the art“ bis zu Nonsens-Begriffen wie „thear“ reichen. Kreisförmig arrangiert und überzogen mit unzähligen Pinselstrichen ist die Skulptur Performancepodium, Startpunkt der künstlerischen Intervention und Verkörperung des planetaren Habitats zugleich. Der Duktus folgt dabei den Buchstaben, welcher den Schriftzug repliziert wie ihn überlagert. Über diesem Zentrum hängen Stalaktiten von rosaroter Decke, deren fluide Gestalt durch vertikal verlaufende Farbstreifen verstärkt wird. Die „Shapes“ scheinen in ihrer Dynamik in Auflösung begriffen; unterschwellige Prozesse von Vergänglichkeit, Anfang und Ende, und konstanter Veränderung schwingen mit.

Nach demselben Verfahren entstehen auch die dem konventionellen Rechteck eingeschriebenen Arbeiten des Künstlers. Sie sind präzise konstruiert aus Industriematerial - Plakaten und Postern aus dem öffentlichen Raum - welche säuberlich in gleichstarke, rein monochrome Streifen filetiert werden und nebeneinander collagiert den Eindruck von gleichmäßiger Pinselstärke suggerieren. So ergeben sich Szenerien von Landschaften, Seestücken und Horizonten, die vorgeben der Malerei verwandt oder gar ihr zugehörig zu sein, obwohl sie, einem Upcycling-Prozess entstammend, der Gattung Papierarbeit zuzuordnen sind. Malerei in ihrem traditionell hierarchischen Verständnis als edelste Disziplin wird von Manfred Peckl begrifflich weit gedehnt und definiert sich letztlich über einen ekstatischen Verlauf, der die Assoziationskraft des Betrachters mit den emotionalen wie intellektuellen Zuständen der Kunst in Dialog treten lässt. Diesen Weg beschreitet der Künstler in seinen Performances selbst, indem er mit den fluiden Formen und Darstellungen interagiert. Die gesprochene, gesungene oder geschriene und körperliche Konfrontation mit und innerhalb seiner Installation erzeugt eine weitere Ebene, welche die absurde Dringlichkeit seiner artifiziellen Welt, im Verhältnis zur sich radikal verändernden Umwelt, betont.

(Andrea Kopranovic, 2019)