Die Galerie Guido W. Baudach freut sich, unter dem Titel Die Zukunft der Heiligen eine Ausstellung mit neuen Gemälden von Thomas Helbig zu präsentieren. Es ist dies die seit 2001 achte Einzelausstellung des in Berlin lebenden Malers und Bildhauers mit der Galerie. In seiner malerischen Praxis der letzten zwanzig Jahre hat Thomas Helbig immer wieder die Grenzen des Genres ausgelotet. Er hat mit den verschiedensten Materialien gearbeitet und dabei die unterschiedlichsten Malträger und -mittel eingesetzt.

Mit den Bildern zur Ausstellung Die Zukunft der Heiligen kehrt er nun zu der ihm ursprünglich angestammten Technik zurück. Die Malereien sind durchweg in Öl auf Leinwand ausgeführt. Auch in Sachen Bildsprache greift Helbig auf prägende Elemente aus seinem eigenen Frühwerk zurück. Was dabei jedoch entsteht, ist etwas völlig Neues. Helbig verbindet zeichenhafte Referenzen zur klassischen Avantgarde mit einer abstrakten Motivik, die Assoziationen an kosmische Erscheinungen weckt und gleichzeitig an die mondscheingesättigten Nachthimmel der Romantik erinnert – wenn auch im Close-up. Rein malerisch betrachtet, treten hier vielfarbig unterlegte Flächen von schwefeligem Pastellgelb in Beziehung zu weich geschichteten Brauntönen und bilden einen ebenso flirrenden wie von zartem Sfumato durchwirkten Kontrastraum von Licht und Schatten.

Tatsächlich handeln Helbigs neue Bilder in erster Linie von Licht. Licht als Phänomen, als Stoff, aber auch als Metapher für Erkenntnis und für das menschliche Erkenntnisstreben, für Gewissheit und Zweifel. Trotz des kräftigen Chiaroscuro-Effekts, der sich durch die bewusste Gegenüberstellung von hellen und dunklen Flächen ergibt, sind die Malereien keineswegs aufdringlich und erschließen sich dem Auge nicht ad hoc, sondern erst mit einer gewissen Dauer der Betrachtung. Sie erfordern Zeit und Aufmerksamkeit. Das Licht, das Helbigs Bilder in sich tragen, dient keiner weiterführenden Erzählung. Es gibt keine Bezüge zu irgendwelchen Diskursen, kein Entertainment durch vorgeschobene Inhalte. Die Gemälde und ihr Licht stehen für sich selbst und lassen auch den Betrachter mit sich allein, werfen ihn, indem er in ihnen nach etwas Identifizierbarem sucht, auf sich selbst zurück. Sie funktionieren wie Spiegel, doch reflektieren sie etwas Unsichtbares. Ihr gemaltes Licht beleuchtet eine Leerstelle, die nicht sozial vermittelt ist und dennoch jedem Einzelnen von uns innewohnt, eine existentielle Einsamkeit, der wir ständig versuchen zu entfliehen. Die Gemälde illuminieren eine Erscheinung, die sich zwar kaum konkret benennen lässt, die aber vielleicht der Kern unseres Seins, sprich: unsere Seele ist.

Nur einmal lässt sich in einem Bild ein klar erkennbarer, materieller Gegenstand entdecken. Eine karnevaleske Augenmaske, in samtig glänzendem Schwarz dargestellt, hat Helbig in der unteren Bildmitte von L’Infinito platziert, das als malerische Allegorie der vorsokratischen Erkenne Dich Selbst-Maxime interpretiert werden kann. Sie scheint gleichsam den unbewussten Teil unseres Wesens zu symbolisieren. Doch die Maske ist gefallen und gibt den Weg frei für das Licht, welches hier buchstäblich aus der Dunkelheit hervorbricht und als Scheinwerfer der Introspektion auch jene Facetten unserer Persönlichkeit zu erhellen vermag, die sonst auf der Schattenseite unseres Bewusstseins verborgen sind.

Thomas Helbig, geboren 1967 in Rosenheim, lebt und arbeitet in Berlin. Neben zahlreichen Galerieausstellungen in Europa und darüber hinaus hat Helbig an verschiedenen institutionellen Ausstellungen teilgenommen, u.a.: Metamorphosis, Kai 10 I Raum für Kunst, Düsseldorf, 2017; 50 Jahre PIN, Staatliche Graphische Sammlung, München, 2015; Painting Forever!, KW Institute for Contemporary Art, Berlin, 2013; Vages Gefühl des Unbehagens, Museum Dhondt-Dhaenens, Deurle, 2013; Alpenrepublik, Kunstraum Innsbruck, 2012; Stern der Musen, Oldenburger Kunstverein (solo), 2008; EuroCentric (Part 1), Rubell Family Collection, Miami, 2007; Imagination Becomes Reality, ZKM, Karlsruhe, 2007; Borrowed Images, Sammlung Goetz, Munich, 2006; Rings of Saturn, Tate Modern, London, 2006; Painting on the roof, Museum Abteiberg, Mönchengladbach, 2003.