Die international besetzte Gruppenausstellung inventing the past schließt direkt an die vorangegangene Präsentation mit dem Titel chasing another tomorrow an und verdeutlicht als zweites Kapitel einen zeitlichen Perspektivwechsel. Ausgangspunkt ist dabei eine fiktive Sichtweise in die Zukunft, die mit dem Experimentieren zwischen Zeithorizonten den Blick auf gegenwärtige Systeme und Strukturen freilegt. Die künstlerischen Positionen eint ihr konzeptueller Ansatz sowie Fragen nach den Auswirkungen von Technologie auf die menschliche Existenz. Dabei zeichnet die Ausstellung ausgehend von einer jüngeren Generation von Künstler/innen die formalen Fragestellungen der konzeptuellen Kunst der 70er Jahren nach.

Als Reflexion über die aktuelle Zeit wird der technologische Fortschritt mit einer hohen Sensibilität für die natürliche Umwelt in Frage gestellt. In der Verbindung von Mensch, Technologie und Natur offenbart sich das Spannungsfeld aus dem die Werke ihr komplexes Zusammenspiel aus technischen Bestandteilen, geometrischen Formen und natürlichen Elementen schöpfen. Die Galerie wird transformiert in eine Art mystische Landschaft, in der natürliche und technoide Elemente miteinander in einen Dialog treten und verschiedene Geschichtsschreibungen zulassen.

Als einer der Pioniere der Post-Minimal-Art revolutionierte Keith Sonnier den Skulpturenbegriff der 70er und war einer der ersten Künstler, der Neon und neue Technologien seiner Zeit zusammenbrachte und half die räumliche und kulturelle Logik dieser Systeme, mit Hilfe der einzigartigen Wahrnehmungseigenschaften von Neonlicht im realen Raum zu materialisieren. Sonnier sah die Arbeit mit Licht in Zusammenhang mit neuen Kommunikationsstrukturen und die radierenden Wellen von Neon ein Weg eine Welt zu visualisieren, in der Distanzen geringer werden und Kommunikation in kurzer Zeit möglich ist. Die Ausstellung präsentiert, wie der Künstler mit Licht und Neon als Material in seiner Praxis zunehmend experimentierte.

Zentral in der Ausstellung ist Haroon Mirzas Installation Standing Stones (Solar Symphony 8) präsentiert, in der sich Technologie und Zitate an Frühkulturen vereinen. An einer großen schwarzen Steinskulptur ist ein Solarpanel diagonal befestigt, ihr gegenüber steht ein kleinerer Stein als Gegenspieler. Bei der Verfolgung der Bewegung der Sonne über den Himmel erzeugt das Solarpanel Strom, das eine Reihe von LED-Leuchten und einen Lautsprecher antreibt. Mirza besitzt eine besondere Faszination für Elektrizität als Material durch sein Interesse an Musik und Sound, die immer wieder zu bestimmenden Medien in seiner künstlerischen Arbeit werden. Neben den hochtechnologischen Elementen thematisiert die Arbeit auch frühzeitliche Rituale und verweist auf Monolithe und Steinkreise, wie es Stonehenge als wohl berühmteste Beispiel belegt und war zuletzt im Park des Museum Tinguely in Basel ausgestellt.

In den Werken des mehrmaligen Venedig-Biennalen-Teilnehmers Neïl Beloufa verbinden sich verschiedenste Materialien und Techniken, die unsere heutige von digitaler Technologie durchdrungene Gesellschaft, deren Wertesysteme und Repräsentationsstrategien thematisieren. In seinen Wandobjekten aus der Serie The Moral of the Story schafft der Künstler anhand klassischer Erzählcodes eine Allegorie der zeitgenössischen Welt, die mit Verweisen auf kapita-listisch strukturierte Handlungen, die Intimität der Familie, Umweltkatastrophen und Artensterben, die Grenzen eines individualistischen Ansatzes aufzeigt.

Anstatt traditionell illusorische Bildräume zu schaffen, entwirft Natacha Donzé in ihren Leinwänden dimensionslose Räume zwischen unserer eigenen Realität und fernen Zukunfts- oder Vergangenheitsbildern, die durch abstrakte Formen von kulturellen Versatzstücken Narrative lediglich andeuten. In ihren Werken dekonstruiert Donzé Machtstrukturen institutioneller, politischer und kommerzieller Systeme der Gegenwart, indem sie Fragmente dieser Ordnungen aufgreift und hierarchielos in eigene Bildwelten einbettet.

Lou Jaworski kombiniert in seinen konzeptbasierten und raumspezifischen Werken häufig Magneten, Neon und Computer Racks, die als Hardware zur Speicherung von digitalen Daten dienten. Seine Werke aus geometrisch geformten Ferritmagneten zeichnen sich durch das spannungsvolle Zusammenwirken von materieller Autonomie, ephemerer Abstraktion und physikalischer Gesetze aus. Der Künstler beschäftigt sich mit metaphysischen Fragestellungen, die sich mit formaler Reduktion verbinden, sowie mit Phänomenen der menschlichen Wahrnehmung. So wirken in der mehrteiligen Arbeit L.A. die in Fassungen und an der Wand angebrachten Zylinder auf den ersten Blick wie industrielle Neonröhren und erst bei genauerer Betrachtung wird die Materialität der aus Marmor gefertigten Säulen sichtbar