Nach einem erfolgreichen Start in der National Gallery Singapore im vergangenen Jahr mit mehr als 200.000 begeisterten Besucher*innen kommt die Kinderbiennale nun erstmals nach Europa. Sie lädt das Publikum ein, in künstlerische Sphären einzutauchen, selbst kreativ zu werden und die für gewöhnlich eher passive Rolle im Museum zu verlassen. Das diesjährige Thema „Träume & Geschichten“ möchte die fantastische und traumhafte Seite von Kunst erkunden.

Kunstwerke haben die Kraft, Träumen eine Gestalt zu verleihen, Geschichten zu erzählen oder die uns umgebende Welt in all ihren schillernden Facetten widerzuspiegeln. Sie eröffnen neue fantastische Kosmen und regen Gedanken an. Die Kinderbiennale widmet sich dieser traumhaften Seite von Kunst und lädt zu einem Rundgang durch Träume und Geschichten, durch fiktive und reale Welten ein. Regionale und internationale Künstler verwandeln für die Laufzeit der Kinderbiennale das Japanische Palais in einen imaginären Ort, der zum Sehen, Hören, Fühlen und Mitmachen anregt.

Das Künstlerkollektiv teamLab schafft poetische Welten, die ihr Aussehen langsam und fortschreitend verändern, je nachdem wie sich das Publikum in ihnen bewegt und sich einbringt. In "Sketch Aquarium" können Fische bunt ausgemalt, eingescannt und in ein riesiges digitales Aquarium an die Wand projiziert werden. teamLab verweist auf die unerschöpfliche Kreativität, die in jedem von uns schlummert. Ihre Werke ermöglichen positive Erfahrungen mit zeitgenössischer Kunst und neuen Medien ebenso wie die Begegnungen mit fremden Menschen. Die Präsenz des Anderen steht hier im Mittelpunkt.

Stephanie Lüning untersucht in ihren Werken die Einwirkung von Zeit, Zufall und Mengenverhältnissen auf den kontrol-lierten Prozess und bestimmte Zustandsformen von Materie. Sie berechnet zum Beispiel den mengenmäßigen Anteil der Farben einer Fotografie und stellt dann entsprechend große farbige Eiswürfel her. Diese lässt sie dann über Papier oder auch auf dem Boden langsam schmelzen, so dass die Farbe sich verteilt und vermischt. So ein Prozess kann bis zu zwei Tagen dauern. Die so entstandenen Bilder bezeugen nicht nur die Einmaligkeit und Irreversibilität des Prozesses, sondern sind auch von verblüffender Schönheit. Für die Kinderbiennale hat Stephanie Lüning eigens ein Künstleratelier eingerichtet. Sie lädt uns damit ein, selbst künstlerisch tätig zu werden und mit kleinen pigmentierten Eisblöcken zu experimentieren Susan Hiller arbeitet oft anthropologisch, sammelt kulturelles Material und Werte und katalogisiert diese. Sie untersucht an-hand dieser Sammlungen, wie Geschichte und Vergangenheit konstruiert werden. Die Videoarbeit "Resounding (Infrared)" verdeutlicht die verschiedene Ansichten und Narrativen, aus denen Geschichte bestehen kann. Für das Video sammelte Susan Hiller Audiomaterial vom Urknall, zum Beispiel eine Transkription vom Big Bang, Aufzeichnungen von Plasmawellen oder Radiointerferenzen. Zusätzlich zu diesen Geräuschen sind auch Stimmen zu hören, die von unerklärlichen kosmischen Phänomenen berichte

Die Künstlerin Rivane Neuenschwander interessiert sich für soziale Interaktion, Sprache, Gedächtnis, Geografie und Natur. So sammelt und "übersetzt" sie beispielsweise die Kindheitserinnerungen ihrer Freunde oder die Ängste von Kindern. Für die Arbeit "Allegory of fear" hat sie mit Kindern aus Bogota in Workshops deren Eindrücke und Ängste gesammelt und in Figuren überführt. Sie möchte verdeutli-chen, dass viele Menschen dieselben oder ähnliche Ängste haben und damit nicht alleine sind. Über Lichtprojektionen im Raum können Besucher*innen diese Figuren von den Ängsten bewegen und eine eigene Geschichte als Schatten-bild an die Wand werfe

Die Performancekünstlerin Lynn Lu untersucht in ihren Arbeiten, was wir über uns selbst, unsere Mitmenschen und die Welt denken. Mit ihrer Installation "Duplet" stellt sie persönliche Fragen an die Kinder: angefangen mit dem Helden, der man gern sein würde, über die Frage nach der kostbarsten eigenen Erinnerung bis hin zu dem, wovon man schon immer geträumt hat. In ihrer Installation "This Changed my Life" fordert sie die Besucher*innen auf, wichtige Erlebnisse und Wünsche auf ein Stoffband zu schreiben und dieses durch den Raum zu spannen. Das Erlebnis wird so jedem sichtbar. Diese Arbeit von Lynn Lu gründet auf ihrer Installation "ersilia". Zu dieser inspirierte sie der Roman "Die unsichtbaren Städte" von Italo Calvino. In der gleichnamigen Stadt "ersilia" spannten die Bewohner Bänder in ihren Häusern, verließen diese, wenn sie voll waren, und hinterließen Ruinen.

Mark Justiniani setzt sich mit dem Sehen und der Prägung der Persönlichkeit durch das Umfeld auseinander. Was ist die Wirklichkeit und wie nehmen wir sie wahr? Um dies zu ergründen, arbeitet er oft mit reflektierenden Materialien wie Spiegeln und Glas. Mit der Installation "Well" irritiert er unsere Wahrnehmung. Sie verleitet dazu, innezuhalten, und lädt ein, Objekte in den Tiefen des sich ins Unendliche spiegelnden Bodens zu entdecken und sich Gedanken über Illusion und Wirklichkeit zu machen.

In ihren Werken richtet Véronique Joumard Fragen an unser Umfeld und die Wahrnehmung unserer Umgebung. Joumards Interesse gilt vor allem physikalischen Phänomenen wie Licht, Energie oder Temperatur. Ihre Werke sind eine Art Experiment oder empirische Versuchsanordnung, welche den Übergang oder die Verwandlung von einem Zustand zum anderen zeigen. Die thermosensible, orange Farbe, mit der sie die Museumswand bestreicht, ändert ihre Tonalität mit der Körpertemperatur und erlaubt den Besucher*innen, eine individuelle Spur, sei sie auch nur vorübergehend, in der Ausstellung zu hinterlassen. Sie hinterfragt damit etwas, was uns auf den ersten Blick verborgen erscheint. In der Installation "Objets volants" stellt sie die Schwerkraft auf die Probe und lässt Möbel fliege.

Die Werke von Félix González-Torres verweisen auf die Instabilität und Verletzbarkeit sowohl der Kunst als auch des Lebens selbst. Ausgehend von Alltagsobjekten wie einem Stapel Papier, Glühbirnen, Perlenvorhängen oder Bonbons untersuchte González-Torres die Präsentationsform von Kunstwerken und erschuf radikale und zugleich emotionale Werke. ""Untitled" (Placebo - Landscape - for Roni)" ist eine Hommage an seine Künstlerfreundin Roni Horn wie auch an seinen Lebensgefährten, der 1991 an AIDS verstarb. 544 kg Bonbons in goldener Folie sind auf dem Boden ausgelegt. Jeder kann sich eins davon mitnehmen, so dass das Werk sich langsam auflöst und mit den Besucher*innen verbreitet. Ab Mitte November wird das Werk "The cubic structural evolution project" von Olafur Eliasson in dem Raum präsentiert.

Ein weiterer Höhepunkt erwartet das Publikum ab Mitte November: Aus rund drei Tonnen weißen Legobausteine soll die Vision einer zukünftigen Stadt realisiert werden. Die Arbeit trägt den Titel "The cubic structural evolution project" und stammt von dem dänisch-isländischen Künstler Ólafur Elíasson (*1967 in Kopenhagen), der mit seinen Großprojekten die Menschen auf der ganzen Welt begeistert. In Dresden können eigene Gedanken, Ideen, Erinnerungen, Wünsche und Ängste in das Kunstwerk einfließen und das Publikum so zum Ko-Autor werden.

Der Werkstattraum erlaubt, das in der Ausstellung Gesehene, Erlebte und Gehörte ins eigene kreative Schaffen umzusetzen. In Vorbereitung der Kinderbiennale arbeitete das Museums-team mit einem Kinderbeirat zusammen. Die Kinder berieten, begutachteten und begleiteten das Team bei der Auswahl der Werke sowie der Themen des Veranstaltungsprogramms. So ergab die Befragung von 46 Kindern, dass die Werkstatt das Thema "Druck" als Schwerpunkt hat. Hier kann z.B. der am Eingang ausgehändigte Beutel bedruckt werden. Ab Oktober bieten darüber hinaus The Constitute/Fabmobil Workshops zu 3D-Druck und Laserschneiden an.