Dem aufmerksamen Passanten fällt bestimmt die große, himmelblaue Schleife mit den langen Bändern am Tor des Mehrfamilienhauses in einer beschaulichen, toskanischen Kleinstadt auf. Sie ist natürlich traditionell blau; Italien ist traditionstreu: hellblau für Jungen, zartrosa für Mädchen.

Nun ist den Mitbewohnern wie auch den Vorbeigehenden klar, dass in diesem Haus vor kurzem ein Baby geboren wurde. Machen wir aber einen Schritt zurück: Eine der Bewohnerinnen bin ich selbst und das Baby ist mein Sohn, der vor etwa 2 Monaten in einem öffentlichen, italienischen Krankenhaus auf die Welt kam. An dieser Stelle mein Tipp an alle Leserinnen: Gehen Sie nicht davon aus, dass Umstände und Gegebenheiten, einer Geburt in Italien mit denen in Deutschland oder Österreich vergleichbar wären! Hier ist man großzügiger und vieles wird nicht so eng gesehen, daher sind auch eine gut betreute Geburt und das optimale Wohl der Mutter nicht unbedingt garantiert.

Italienerinnen wissen, dass ihr behandelnder Frauenarzt , wenn man großes Glück hat, am Tag der Geburt im Krankenhaus anwesend ist, andernfalls stößt man auf ein fremdes Gesicht und muss sich auf den Arzt einstellen, der an diesem Tag gerade Dienst hat. Maximale Flexibilität heißt es also schon für Mama und Baby ab der Geburt! Der Wunsch der Patientinnen nach einem Einzelzimmer bleibt manchmal sogar gegen Bezahlung unerfüllbar, da in den meisten Krankenhäusern akuter Platzmangel herrscht.

Aus demselben Grund dürfen auch die werdenden oder eben gewordenen Väter nicht über Nacht bei ihren Frauen bleiben. Oft werden Ärzte und Pflegepersonal ebenfalls auf eine harte Probe gestellt, da sie häufig in der Minderzahl und daher den vielen Patienten nicht gewachsen sind. Da heißt es dann eben für die Mütter Ruhe bewahren und sich auf „nicht deutsche“ Verhältnisse einzustellen. Mit etwas Glück hat man aber vielleicht eine sympathische Bettnachbarin, die Besuch von „mamma, papà, nonna“ und ihren vielen Freundinnen bekommt, die alle mit ihrem unendlichen Wissen und vielen nützlichen Erfahrungen unaufgefordert mit Rat und Tat zur Seite stehen.

Aus einem italienischen Krankenhaus wird man somit voll guter Tipps was Stillen, Baden, Wickeln und Bauchschmerzen betrifft, entlassen und fühlt sich selbst beinahe schon als erfahrene Mutter.Wieder zurück in der, entweder rosa oder blau, geschmückten Wohnung kann sich die junge Mutter dann ebenfalls über Anrufe und gut gemeinte Tipps rund um die Uhr erfreuen.

Mutter und Kind werden nicht alleine gelassen, nein, von den ersten Minuten an sind sie umsorgt wie auch versorgt. Auch dem Vater wird natürlich von allen Seiten gratuliert und hier springt meist seine eigene Mama ein, die Vergleiche zwischen ihm und seinem Sohn, seiner Tochter anstellt. „Auguri, auguri, auguri heißt es in den Tagen nach der Geburt überall da, wo Mama und Baby auftauchen: Auch auf der Straße oder beim Einkaufen ist es nicht unüblich, dass sich Fremde über den Kinderwagen beugen, in begeisterte „Ah und Oh-Töne ausbrechen und der jungen Mutter erzählen, wie sie ihre eigene Geburt vor 10, 20 oder 40 Jahren erlebt haben.

Italien ist und bleibt eben ein Familienland, das Babies besondere Aufmerksamkeit entgegenbringt, man muss sie nur zulassen und wollen!

Text von Ute Hirschegger